Matthias Jösch über „Mammon“

13. August 2014
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Autor Matthias Jösch über den Entstehungsprozess seines Thrillers „MAMMONFür deine Sünde wirst du büßen

Joesch-Mammon_300dpi„Bevor sie kamen, um ihn zu richten, vollendete er seine Botschaft: ein Relief aus sechs Worten, von bluttriefenden Fingern mit Kettengliedern in den Stein geritzt.“

Ein markerschütternder Schrei versetzt das Publikum der Berliner Oper in Angst und Schrecken. Mitten im Zuschauerraum wird ein Mann ermordet – und doch fehlt vom Täter jede Spur. Das Opfer: der Vorstandsvorsitzende einer großen Bank. Die Tatwaffe: ein spanischer Dolch aus dem 15. Jahrhundert. Die Polizei beginnt, unter Hochdruck zu ermitteln. Der junge Kriminologe Adrian von Zollern recherchiert die Geschichte der Waffe. So findet er Hinweise auf eine mysteriöse Mordserie und eine weltumspannende Verschwörung, die vor langer Zeit begann und noch immer blutige Opfer fordert – im Namen der Gerechtigkeit …

Ein atemloser Thriller über Schuld, Rache und die ewige Frage: Heiligt der Zweck wirklich jedes Mittel? 

Fertig ist relativ

Wie beschreibe ich das Gefühl, wenn nach 750 Normseiten der Finger zum letzten Mal auf Speichern drückt und wenn das „fertige“ Manuskript an den Redakteur, den Lektor und an die Verlegerin versendet wird? Vielleicht am besten als Kehrwert der Empfindung, die mich beschleicht, wenn mir auf einmal entgegenschallt: „Sind 750 Seiten nicht ein bisschen viel?“ Auch wenn es höflich, aber dennoch bestimmt herüberkommt, er hat es gesagt, der … nennen wir ihn fiktiv einmal den Programmleiter.

Nicht, dass solche Befindlichkeitsschwankungen im Schreibprozess singuläre Ereignisse wären. Der lange Weg von der Idee, über das Recherchieren, das Entwickeln der Dramaturgie, dem ersten Anschlag auf einem gähnend leeren Bildschirm bis hin zur Abgabe des Werks ist mit ambivalenten Empfindungen gepflastert. Wie klar und eindeutig äußert sich dagegen doch das Befinden während der Phase des Kürzens …

Natürlich entbehrt der Anspruch, zB einen Thriller schreiben zu wollen, der den Leser bis zur letzten Seite nicht mehr losläßt, nicht einer gewissen Arroganz. Aber verdient es der arme Autor deshalb, dass man ihm während des Schreibens seine Fehler, Unplausibilitäten und ähnliche Vergehen mit scheinbar nicht enden wollender Lust bei jeder Gelegenheit unter die Nase reibt? Jedenfalls begleiten mich die Beteiligten während des Entstehungsprozesses mit stets erquickendem Rat und mit Verbesserungsvorschlägen. Selbstverständlich weiß ich das zu schätzen – ich zeige es nur nicht immer. So muss sich meine erste Leserin, die beste Ehefrau von allen, gelegentlich dann schreib es doch selbst anhören. Das ist ungerecht, ich weiß, aber es muss raus.

„Okay“, werden Sie vielleicht sagen, „da übertreibt er jetzt aber“. Und vielleicht haben Sie damit sogar recht. Trotzdem hat die Seelenlage des werdenden Buchvaters etwas Tragisches. Dessen ungeachtet erreicht das Werk irgendwann den Hafen, jenen Augenblick, den ich leichtsinnigerweise mit dem Ende gleichsetze.

Weit gefehlt!

Denn nachdem Legionen von Einwendungen der besten Ehefrau von allen erfolgreich umschifft sind, sprich: ins Werk eingearbeitet, nachdem unvorsichtigerweise vorab im Verlag fallengelassene Details, beziehungsweise deren Korrekturvorschläge, verarbeitet wurden, lauert er schon im Licht, das ich am Ende des Tunnels erblickt zu haben glaubte: der Lektor!

Jetzt kommt rot ins Spiel, jene Farbe, die nicht nur für Blut, sondern seit jeher für die Korrektur, die Zensur, das Hineingrätschen oder kurz: für das Böse steht. Der professionelle Lektor weiß wahre Gebirge rotfarbiger Anmerkungen im Manuskript aufzutürmen, so hoch, dass bisweilen der Urtext darunter verschwindet.

Doch halt! Plötzlich verstehe ich, dass das virtuelle Würgen, das Fluchen und die Verwünschungen eigentlich mir selbst gelten. Kurz darauf konstatiere ich sogar, dass der Lektor es ernst meint mit meinem Text. Dass er sich eben nicht in selbstherrlicher Manier über ihn erhebt, sondern ihn durch seine Kunst und sein Können besser macht. Er deckt Schwachstellen auf und legt Schludrigkeiten offen. Er schleift Unebenheiten oder kürzt Längen. Er bringt Dinge in die richtige Perspektive und legt seinen Finger in Wunden, von denen ich vorher gar nichts wusste.

Jetzt ist es fertig.

War doch gar nicht so schlimm.

Beim nächsten Mal rege ich mich nicht mehr auf. Ganz bestimmt!

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Eine Leseprobe des Thrillers steht HIER für euch bereit!