Sebastian Niedlich im Interview

20. November 2015
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Sebastian Niedlich (c) privat

„Irgendwer regt sich immer auf …“

Ein Gespräch mit Sebastian Niedlich über Gott, das verrückte Verhalten mancher Menschen und seinen neuen Roman UND GOTT SPRACH: ES WERDE JONAS.“

 

Lieber Sebastian Niedlich, in Ihrem ersten Roman DER TOD UND ANDERE HÖHEPUNKTE MEINES LEBENS schreiben Sie über den leibhaftigen Tod – nun machen Sie in UND GOTT SPRACH: ES WERDE JONAS den Allmächtigen zum Erzähler. Was reizt Sie an diesen Themen?

Sebastian Niedlich: „Die ‚ganz großen‘ Themen haben ja immer das Manko, dass sie superernst genommen werden. Ich denke, dass alles seine lustige Seite hat. Sicher ist der Tod schrecklich, aber wer sich mal mit den Darwin-Awards beschäftigt hat, kennt die absurde Variante davon. Und Religion ist auch so ein abstraktes Gebilde, weil irgendwann mal jemand in seiner Paranoia dachte, dass er ständig von einem übernatürlichen Wesen beobachtet würde, das bestimmte Sachen uncool findet. Und dann ist das irgendwann aus dem Ruder gelaufen. Das muss man doch lustig finden!“

 

Während man Martin, den Helden Ihres ersten Roman, sofort ins Herz schließen kann, ist Jonas zu Beginn der Handlung nicht unbedingt der sympathischste Zeitgenosse …

Sebastian Niedlich: „Jonas ist vielleicht anfangs nicht sympathisch, aber an manchen Dingen, die ihm passieren, total unschuldig. Trotzdem wird ihm das alles irgendwie negativ ausgelegt, was sicher jeder nachvollziehen kann, der einfach mal Pech hatte. Aber Jonas ist auch willensstark, zumindest was seine Freundin angeht. Und lustig. Überhaupt: Wie kann man jemanden nicht sympathisch finden, der wie der große Lebowski herumläuft?“

 

Niedlich, Und Gott sprach Es werde Jonas 1Ist die optische Ähnlichkeit Zufall oder Absicht?

Sebastian Niedlich: „Die optische Ähnlichkeit war natürlich schon gewünscht, wobei der Dude und Jonas sich menschlich stark unterscheiden. Ich wollte auch nicht, dass Jonas wie die Anhänger des Dudeism nur abhängt, White Russians schlürft, bowlen geht und Buckelwalgesänge hört. Aber eine gewisse ‚Dudeness‘ oder Entspanntheit ist ihm trotzdem nicht abzusprechen. Statt Bowlen würde Jonas wohl eher einen Film sehen, statt Buckelwalgesängen eher Rock-Musik hören und statt einem Joint zu rauchen eher die Spielkonsole anmachen. Oder einen Liebesroman mit einem wenig durchdachten Titel wie ‚Leise Töne in der Nacht‘ schreiben.“

 

Die Frage drängt sich angesichts Ihres neuen Romans auf: Glauben Sie an Gott?

Sebastian Niedlich: „Nein, ich glaube nicht an Gott. Wenn, dann müsste ich auch an ein jenseitiges Gericht glauben, wo man ohne Anwalt gegebenenfalls zu ewiger Verdammnis verurteilt wird, weil man irgendwann mal ‚Oh Gott, was für ein süßer Hund‘ gesagt hat. Ich finde allerdings die menschengemachten Konzepte von Himmel und Hölle witzig und interessant, weswegen ich mit Sicherheit nicht das letzte Buch zu einem ‚großen Thema‘ geschrieben habe.“

 

Aber den Gott, dem wir in Ihrem Roman begegnen, den kann man wirklich mögen.

Sebastian Niedlich: „Weil er sein Werk, vor allem die Menschen, mit einer gewissen ironischen Distanz und großer Neugier betrachtet. Er ist nicht der alttestamentarische Typ, der sagt: ‚Pass auf, ich hab immer recht, dafür liebst du mich und ansonsten gibt’s was auf die Glocke!‘ Der Gott in meinem Roman hat auch seine jähzornigen Momente, ist aber größtenteils eher davon fasziniert, was die Menschheit so für merkwürdige Sachen macht, zum Beispiel mit Handys hochkant statt quer filmen.“

 

Jonas wird zum neuen Messias – und wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen. Mal angenommen, Sie hätten auf einmal göttliche Kräfte, würden Sie sich auch so dagegen sträuben?

Sebastian Niedlich: „Wie Jonas hätte ich vermutlich erst mal ein Problem damit zu akzeptieren, dass es überhaupt einen Gott gibt. Wahrscheinlich würde ich mich auch wehren. Wobei … vermutlich würde ich probieren, ob ich auch irgendwelche Flüssigkeiten gegen andere Flüssigkeiten austauschen könnte. Nur würde ich nicht Wasser in Wein verwandeln, sondern Club Mate in etwas Trinkbares oder so.“

 

Man kann Ihren Roman UND GOTT SPRACH: ES WERDE JONAS ohne jegliche Bibelkenntnis genießen – aber es fallen auch deutliche Parallelen auf. Absicht oder Zufall?

Sebastian Niedlich: „Natürlich waren gewisse Parallelen absolut beabsichtigt. Allerdings wurden auch schon Parallelen entdeckt, die ich selbst so gar nicht erkannt beziehungsweise gewollt hatte. Natürlich teilen sich Jesus und Jonas nicht nur die Initialen und die Auferstehung von den Toten – wobei bei Jonas die Wiederauferstehung deutlich früher als bei Jesus kam. Ich glaube, dass man so das Buch durchaus auf zwei Ebenen lesen kann. Bibelfeste Leute finden eventuell noch ganz andere Dinge, über die sie lachen können … oder sich vielleicht sogar aufregen.“

 

Niedlich, Und Gott sprach Es werde Jonas 3Wollen Sie denn, dass Gläubige sich über Ihren Roman aufregen?

Sebastian Niedlich: „Ach, irgendwer regt sich immer über irgendwas auf. Mein Roman hat eine, so hoffe ich zumindest, sehr pragmatische und lustige Sicht der Dinge, wie mit Religion umzugehen ist. Es geht nicht darum, irgendwen vor den Kopf zu stoßen, generell Religion zu verdammen oder bestimmte als Blödsinn abzustempeln. Vielmehr sollen alle irgendwie daran erinnert werden, dass wir im gleichen Boot sitzen und miteinander klarkommen sollten. Jonas hat gar nicht den Anspruch alle davon überzeugen zu müssen, dass er Recht hat. Genauso wenig wie ich selbst, übrigens.“

 

Wer sollte Ihrer Meinung nach UND GOTT SPRACH: ES WERDE JONAS lesen?

Sebastian Niedlich: „Das Buch ist meiner Meinung nach für religiöse Leute wie auch Atheisten geeignet. Manche werden es vielleicht zu religiös, manche zu wenig religiös finden, genauso wie schon bei meinem Roman DER TOD UND ANDERE HÖHEPUNKTE MEINES LEBENS. Die meisten werden sich hoffentlich einfach nur gut unterhalten fühlen.“