Constanze Wilken im Interview zu ihren Romanen

20. April 2017
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Constanze Wilken (c) privat

Constanze Wilken (c) privat

„Ich bin ständig auf der Suche nach spannenden Geschichten.“

Ein Gespräch mit Constanze Wilken über ihre Liebe zu Wales, Geheimnisse der Vergangenheit und ihre Romane DIE FRAU AUS MARTINIQUE, DIE VERGESSENE SONATE, WAS VON EINEM SOMMER BLIEB und DAS GEHEIMNIS DES SCHMETTERLINGS.

 

Mit Ihren bekannten Wales-Romanen feiern Sie derzeit große Erfolge. In DAS GEHEIMNIS DES SCHMETTERLINGS entführen Sie den Leser jedoch ins alte Thailand. Wie kommt es zu diesem Ortswechsel?

Constanze Wilken: „Ich lasse mich gern auf Reisen von Erlebnissen und Orten inspirieren und bin ständig auf der Suche nach spannenden Geschichten.
Die Geschichte von Paolin ist für mich untrennbar mit meiner Reise nach Thailand im Jahr 2004 verbunden. Zwei Wochen vor dem verheerenden Tsunami verließ ich Thailand wieder, nachdem ich das Land bereist, Freundschaften geschlossen und unvergessliche Eindrücke gesammelt hatte. Master Jay brachte mir seinen Buddhismus auf einer Tempeltour durch den Dschungel nahe und versuchte, mir die Angst vor Schlangen zu nehmen. Ob ich tatsächlich die nötige innere Gelassenheit aufbringen werde, wenn sich vor mir eine Cobra aufbaut … wer weiß. Aber der tiefe Respekt der Buddhisten vor jeder Kreatur hat mich beeindruckt, genau wie die Freundlichkeit der Thailänder und die Gastfreundschaft von Menschen, die nichts haben und alles geben.“

  

Wilken 2 Was von einem Sommer bliebLiebe Frau Wilken, wie sieht die Recherche zu Ihren Romanen aus, die ja viele historische Fakten beinhalten?

Constanze Wilken: „Die Recherche macht einen Großteil des Schreibens aus und da ich für mein Leben gern reise, fotografiere und mich von Land und Leuten inspirieren lasse, freue ich mich bei jedem neuen Projekt auf diese Vorbereitungsphase. Dabei plane ich nicht alles, sondern lasse mich auch von dem begeistern, was mir unterwegs begegnet. Manchmal erzählen mir Menschen etwas, das lange nachklingt und sich irgendwann zu einer Romanidee verdichtet. Auch kommt es vor, dass ich durch die Recherche zu einem Gemälde oder einer Antiquität auf eine Begebenheit stoße, die erzählt werden möchte.
Einmal war ich in Lucca und kam mit einem älteren Herrn ins Gespräch, der auf einer Bank vor der Steinmauer zu einem heruntergekommenen Palazzo saß. Hinter der Mauer verbarg sich ein wundervoller Garten und der Palazzo gehörte einer der ältesten Familien der Stadt. Was für ein Romanschauplatz! Inspiriert hat er mich zu meinem Roman WAS VON EINEM SOMMER BLIEB.“

 

In Ihrem Roman DIE VERGESSENE SONATE hat die Musik eine besondere Bedeutung – in der Geschichte verbindet sie das Schicksal mehrerer Menschen über Jahrhunderte hinweg. Gibt es die titelgebende Sonate tatsächlich bzw. Welche Musik hat sie zu der bewegenden Geschichte inspiriert?

Constanze Wilken: „Musik spielt in meinem Leben eine große Rolle. Sie begleitet mich beim Schreiben, ich spiele selbst Violine und mein Bruder ist Profimusiker. Die Idee zur Vergessenen Sonate wuchs aus einem Zusammenspiel von einem Konzert mit Werken des russischen Komponisten Khandoshkin und einem Besuch in Prag. Die oft schwermütige aber sehr leidenschaftliche russische Musik und das historisch so interessante Prag lieferten die Vorlage zu meinem Roman. Ein Schlüsselmoment für mich war ein Besuch auf dem alten Jüdischen Friedhof in Prag im Dezember. Es war kurz vor Toresschluss, dicke Schneeflocken fielen lautlos und hüllten die Grabsteine der Rabbiner mit den kleinen Gedenksteinen und den Weg vor mir in unschuldiges Weiß. Ein magischer Moment – genau wie im Roman.“

  

Wilken 4 - Die Frau aus MartiniqueIn DIE FRAU AUS MARTINIQUE war ihr erster Roman: Eine mitreißende Geschichte über eine geheimnisvolle Spurensuche in der Vergangenheit. Was macht diese Geschichte für Sie zu etwas ganz besonderem?

Constanze Wilken: „Dieser Roman wird immer etwas Besonderes für mich sein, weil es mein erster veröffentlichter Roman ist. Auslöser für meine Schriftstellerlaufbahn waren meine Jahre in Wales. Ich hatte das große Glück in Aberystwyth an der walisischen Westküste leben und Kunstgeschichte studieren zu dürfen. Während meiner Zeit in Großbritannien – ich war später noch einige Monate in London – habe ich auch meine Liebe zu Antiquitäten beruflich und als Hobby entdeckt. Es fügte sich alles ineinander. Ich durfte mich für einen Antiquitätenhändler auf Spurensuche seltener kunstvoller Möbelstücke und Kunstobjekte begeben. Diese Recherchen haben mich letztlich zur Geschichte um die Künstlerin Alexandra inspiriert.“

 

Ihre Leidenschaft für Antiquitäten und deren Herkunft hat schon so manchen Ihrer Romane inspiriert. Was war die Inspiration für DAS GEHEIMNIS DES SCHMETTERLINGS

Constanze Wilken: „Viele Faktoren müssen zusammenfließen, damit sich irgendwann eine Romanidee herauskristallisieren kann. Ich hatte mich schon länger mit asiatischer Kunst befasst, unter anderem mit Inros, das sind kleine Behälter, die von Samurai oder reichen Männern des japanischen Bürgertums, am Gürtel getragen werden. Historisches Kunsthandwerk ist faszinierend, gibt es doch Aufschluss über das Leben vergangener Jahrhunderte. Im Victoria & Albert Museum in London gibt es eine wundervolle Sammlung asiatischer Antiquitäten und ein Kabinett aus dem 17. Jahrhundert erregte meine Aufmerksamkeit. Um es kurz zu machen, ich recherchierte die Legende des Stücks und stieß dabei auf die schillernde Figur von König Narai. Dieser weitsichtige, kluge und flamboyante thailändische König mit einer Vorliebe für europäische Kultur ließ mich nicht mehr los. Die Tochter eines königlichen Diplomaten, mit Namen Paolin begann mir von ihrem Leben am Hof zu ‚erzählen‘ und als sie Bekanntschaft mit einem französischen Ingenieur machte, nahm das Schicksal seinen Lauf …“

 

Wilken 5 - Das Geheimnis des SchmetterlingsLiebe Frau Wilken, in Ihren eigenen Worten: Was macht DAS GEHEIMNIS DES SCHMETTERLINGS zu so einem besonderen Lesevergnügen?

Constanze Wilken: „Ähnlich wie in meinen derzeitigen Walesromanen habe ich Gegenwart und Vergangenheit durch zwei starke Frauen, die Seelenverwandte sind, miteinander verbunden. Ich muss gestehen, dass ich Paolin besonders lieb gewonnen habe. Sie verkörpert die zarte, intelligente und nicht zu brechende Frau, die allen Widrigkeiten zum Trotz ihren Weg geht. Ihr Leid steht stellvertretend für das vieler Frauen, damals und heute. Und sie zeigt uns, dass wir bestehen können, wenn wir auf unsere Stärken vertrauen und unserem Herzen folgen. Und dann gibt es einen Hauch von Exotik, der diese Geschichte umweht, die in der Gegenwart in Hamburg und in Frankreich geerdet wird. Auf den Spuren von Mönchen, Königen und einer Hofdame – nach Thailand und in ein altes französisches Kloster …“