»Das Thema Tod hat mich schon immer fasziniert, gerade, weil wir Menschen unsere eigene Sterblichkeit gern verdrängen.«
Ein Gespräch mit unserer Autorin Ria Radtke über die dunklen Seiten von Edinburgh, das Zusammenspiel ihrer ProtagonistInnen und ihre neue Fantasy-Dilogie mit den Romanen SPIRIT DOLLS und MATCHING SOULS.
Liebe Ria Radtke, SPIRIT DOLLS und MATCHING SOULS kreisen um das faszinierende Konzept der Schattenspringer. Was hat dich dazu inspiriert und wie hast du die Idee im Laufe des Schreibprozesses weiterentwickelt?
Ria Radtke: »Meine Protagonistin Runa ist eine Schattenspringerin, das bedeutet, dass sie die Seelen Sterbender ins Jenseits geleitet. Das Thema Tod hat mich schon immer fasziniert, gerade, weil wir Menschen unsere eigene Sterblichkeit gern verdrängen. Ich habe mich vom Fährmann Charon aus der griechischen Mythologie inspirieren lassen. Während des Schreibens habe ich diese Idee dann weiter ausgearbeitet und die Schattenspringer nicht nur zu einem ›Tor‹ ins Jenseits, sondern auch zu Wegbegleitern gemacht, weil ich den Gedanken schön finde, dass niemand allein stirbt. Ganz so, wie Runas Mentor Kyril einmal sagt: ›Wir kommen und gehen in Liebe‹.«
Runa ist eine facettenreiche Figur: sie ist gleichzeitig Studentin, Tochter auf der Suche nach ihrem Vater und natürlich auch eine Schattenspringerin. Wie hast du es geschafft, diese Rollen zu vereinen und welchen Teil ihrer Persönlichkeit genießt du am meisten beim Schreiben?
Ria Radtke: »Runa ist sehr dickköpfig, weil ich starke Figuren mag, die für ihre Ziele kämpfen. Gleichzeitig muss sie als Schattenspringerin aber auch empathisch sein und darf sich trotz der teils traumatischen Dinge, die sie erlebt, niemals einen zu dicken Panzer zulegen. Beim Schreiben war es mir wichtig, zu zeigen, dass Verletzlichkeit nicht automatisch Schwäche bedeutet. So ist es ja auch in Freundschaften und Liebesbeziehungen: Wir machen uns angreifbar und werden trotzdem stärker. Daher habe ich es besonders genossen, zu erzählen, wie Runa langsam Vertrauen zu Kyril aufbaut, obwohl sie eigentlich durch und durch Einzelgängerin ist. Doch als die Welt der Schattenspringer – und der Menschen – bedroht wird, müssen die beiden ein Team sein, um den Feind zu besiegen.«
SPIRIT DOLLS und MATCHING SOULS spielen am fiktiven Aconite Institute in Edinburgh. Kannst du uns mehr über diesen Ort erzählen und wie du ihn gestaltet hast?
Ria Radtke: »Am Aconite Institute genießen die Schattenspringer ihr Studentenleben, müssen aber gleichzeitig bestimmte Rituale über sich ergehen lassen und lernen, ihre Fähigkeiten zu beherrschen. Während meines eigenen Studiums in Großbritannien habe ich mich in die Architektur englischer Colleges verliebt. Das Aconite Institute steckt voller gotischer Rosettenfenster, Bogengängen, Statuen und efeubewachsenen Mauernischen. Es ist angelehnt an die juristische Fakultät der Universität Edinburgh, die man als ›Old College“ besichtigen kann, wenn man in der Stadt ist. Edinburgh habe ich ausgewählt, weil die Stadt magisch ist: uralt und modern zugleich, teils düster und teils so schön, dass es fast kitschig wirkt. Außerdem birgt Edinburghs Geschichte viele grausame Geheimnisse, die ich in meine Romane eingewoben habe – die Hexenverfolgung, berühmte Serienmörder und natürlich die namensgebenden ›Spirit Dolls«, ein mysteriöser Fund von kleinen Puppen in Särgen aus dem 19. Jahrhundert, die dort tatsächlich im Nationalmuseum hinter Glas liegen. Welche Rolle sie in meinen Romanen spielen, verrate ich hier aber nicht …«
In beiden Romanen spielt Kyril – Runas Mentor und Love Interest – eine wichtige Rolle. Wie entwickelt sich sein Charakter und welche Herausforderungen gab es beim Darstellen seiner Beziehung zu Runa?
Ria Radtke: »Kyril ist sehr hilfsbereit und gewissenhaft, aber in seiner Vergangenheit ist vieles geschehen, was er verdrängt hat. Wie Runa hat auch er daher Schwierigkeiten, Nähe zuzulassen. Im Verlauf der Reihe muss er sich seinen Dämonen stellen und lernen, das Leben nicht so ernst zu nehmen. Es hat beim Schreiben besonders viel Spaß gemacht, zu zeigen, wie die beiden zusammen aufblühen und ein paar unbeschwerte Momente genießen können – mit Partys und allem, was das Studentenleben ausmacht. Aber es hat mir auch ein bisschen das Herz gebrochen, dass Runas und Kyrils Beziehung von Anfang an unter keinem guten Stern stand und sie für alles kämpfen mussten, was beim ersten Verliebtsein selbstverständlich sein sollte. Bis zum großen Showdown an Allerseelen …«
Das Gespräch führte Agnes Ejma aus dem dotbooks-Lektorat.
Ria Radtke sieht im Schreiben die Magie unserer Zeit. Dieser Zauber geht auch von ihren erfolgreichen Fantasy- und Liebesromanen aus.
Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin SPIRIT DOLLS, MATCHING SOULS und A BEAUTIFUL FLAW.
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