Max Urlacher im Interview

27. Juli 2018
dotbooks

„Meine Figuren sind renitenter als ich.“

Der Schauspieler und Autor Max Urlacher über besondere Glücksmomente und seinen vielschichtigen Roman RÜCKENWIND – EINE LIEBESGESCHICHTE.

Ihr Roman RÜCKENWIND vereint viele Elemente – eine Coming-of-Age-Geschichte, diverse komplexe Liebesbeziehungen, Melancholie und Humor. Warum?

Max Urlacher: „Weil es alles zusammengehört. Erwachsen werden wir alle … nun ja, mehr oder weniger. Liebe ist immer komplex. Freundschaft übrigens auch. Und dabei weiß ich gar nicht, ob Liebe und Freundschaft nicht einfach nur verschiedene Ecken des gleichen Gefühls sind. Und das Leben? Super komplex! Manchmal himmelhoch jauchzend und manchmal muss man die Häppchen essen, wo die Wurst nach oben gerollt und der Käse schwitzig ist. That’s life, oder? Ich stand mal früh Morgens auf dem Gipfel eines Tiroler Berges, alles war perfekt, ein fantastischer Sonnenaufgang, also schrie ich mein Glück in die Welt hinaus. In diesem Moment wurde ich von einer Biene gestochen – und ich bin allergisch, tja … Umgekehrt weiß ich, die besten Feiern im Theater hat man nach den verschissensten Premieren. Klingt profan, ist aber true. Davon wollte ich schreiben. Das Leben ist schön. Und am schönsten ist es gemeinsam mit Freunden … allerdings manchmal auch am traurigsten.“

Was mögen Sie an Ihren beiden Hauptfiguren, den besten Freunden Anton und Tobias?

Max Urlacher: „Die beiden sind sehr unterschiedlich, und auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die Rollen klar verteilt sind – der eine ist offen und selbstbewusst, der andere eher schüchtern. Wenn man sie im Lauf des Romans besser kennenlernt, merkt man, dass es nicht so einfach ist, und das mag ich an ihnen. Als Trauzeuge würde ich sie beide nehmen. Tobias und Anton haben reale Vorbilder, sind ein Mischmasch aus den Wesenszügen meiner engsten Freunde. Leser haben mir immer wieder gesagt, dass sie sich selbst in Anton und Tobias wiederfinden konnten, und das freut mich natürlich sehr. Ich selbst habe mich in andere Figuren hineingeschrieben, aber in welche, wird nicht verraten.“

Wenn Ihr Roman ein Duft oder ein Lied wäre, welche kämen ihm am nächsten?

Max Urlacher: „Oh, als Schauspieler verwende ich für jede Rolle einen anderen Duft. Aber die Idee, damit auch die Arbeit an einem Buch zu begleiten, ist mir noch nicht gekommen. Wäre aber sicher interessant. Beim nächsten Mal! Im Falle von RÜCKENWIND müsste der Duft ein Gemisch aus Theaterbühne, Strand, Pommes, Fußballstadion, Magnolien, Pfefferminzshampoo und ganz viel Berlin sein.

Wenn mein Roman ein Lied wäre, welches käme ihm am nächsten? Das ist einfach: Meine Protagonisten leben frei nach Elton Johns ‚I’m still standing, yeah yeah yeah …’, immer mit der Betonung auf dem ‚yeah yeah yeah!’“

Sie sind als Schauspieler erfolgreich, stehen immer wieder auf der Theaterbühne oder der Filmkamera. Was reizt Sie am Schreiben?

Max Urlacher: „So unterschiedlich voneinander sind die beiden Berufsfelder gar nicht. Auch als Autor habe ich das Gefühl, zu ‚spielen’, zu improvisieren und ständig im Austausch mit meinen Partners of Crime zu stehen. Man könnte meinen, dass ich als Autor der Regisseur bin, die Richtung vorgebe, aber mir scheint, dass meine fiktiven Figuren bestimmen, wo’s langgeht. Meist sind sie renitenter als ich, der die Zügel doch eigentlich in der Hand halten sollte. Meinen Figuren gegenüber bin ich viel zu konfliktscheu und manchmal selbst erstaunt, was sie sich gegenseitig für Steine in den Weg werfen, wie sie aufeinander reagieren und was sie aneinander mögen.“

Das Gespräch führte Timothy Sonderhüsken, Programmleiter bei dotbooks.

Max Urlacher, Jahrgang 1971, hat Schauspiel an der Otto-Falckenberg-Schule in München und Wirtschaftsphilosophie in London studiert. Er gastierte unter anderem an den Schauspielhäusern in Zürich, Bochum und München und ist immer wieder in deutschen und internationalen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen. Neben seinen Romanen schreibt Max Urlacher Drehbücher und ist preisgekrönter Hörspielautor.

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