»Erhobene Zeigefinger sind mir fremd.«

10. Mai 2019
dotbooks

Ein Gespräch mit Peter Godazgar über einen sympathischen Zerstreuen, besondere Komik und seine Krimiserie rund um Privatdetektiv Markus Waldo.

Lieber Peter Godazgar, was hat Sie zur Figur des Markus Waldo inspiriert?

Peter Godazgar: »Ich mag die etwas schrägen Typen, die Verlierer, die Zweifler, die Zauderer, die Zerstreuten, diejenigen, die sich selbst im Weg stehen. So ein Typ ist Markus Waldo. Ich wollte das Gegenstück zum taffen, beinharten Ermittler schaffen, der in jeder Situation cool bleibt. Krimis mit solchen Typen lese ich ab und zu auch ganz gerne. Aber im Zweifel drücke ich doch eher dem Verlierer die Daumen.«

Was mögen Sie an Markus?

Peter Godazgar: »Das Unsichere, das Tapsige. Und dass er im Kern ein grundguter Kerl ist. Er wäre gerne so wie James Bond, aber er weiß, dass er noch nicht mal Kalle Blomquist ist. Die supercoolen Typen in anderen Krimis haben stets auch eine Ernsthaftigkeit, die mir fremd ist und die ich manchmal schon wieder komisch finde.«

Auch Markus‘ bester Freund Albert ist eine wunderbare Figur: Wie sind Sie auf diese Idee gekommen und was mögen Sie besonders an ihm?

Peter Godazgar: »Albert übernimmt den Gegenpart zu Waldo, der für so eine Buddy-Geschichte immer nötig ist. Aber auch er ist ironisch gebrochen: Ein Kerl mit vielen Talenten, der trotzdem nichts so richtig auf die Reihe bekommt. Trotzdem, er ist immer da, wenn man ihn braucht. Ich habe schnell gemerkt, dass die Leser Albert ins Herz geschlossen haben – und ihn deutlich sympathischer finden als Waldos sprechenden Mülleimer, obwohl der auch immer für einen Lacher gut ist.«

In EIN SCHWEIN STIRBT SELTEN ALLEIN spielt eine Schweinemastanlage eine zentrale Rolle. Warum wollten Sie, dass dieser erste Fall im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel stinkt?

Peter Godazgar: »Das war Zufall. Ich bin in meiner journalistischen Arbeit mal auf so eine Anlage gestoßen. Die Tierproduktion findet in der Regel ja außerdem unseres Wahrnehmungsbereichs statt – wäre es anders, gäbe es mit Sicherheit deutlich mehr Vegetarier. Aber keine Angst: Ich möchte mit dem Buch niemanden zum Vegetarismus bekehren. Erhobene Zeigefinger sind mir (und auch Markus Waldo) fremd. Die Schweinemastanlage ist deswegen so ein gutes Setting, weil ihre pure Anwesenheit für viele Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen eine Provokation darstellt. Ich fand es spannend, was sich daraus alles entwickelte … auch wenn ich Markus Waldo das Leben damit ganz schön schwer gemacht habt.«

TOTE FISCHEN SCHWIMMEN OBEN ist auf einem verschlafenen Campingplatz angesiedelt – einen Ort, den vermutlich niemand mit Krimispannung in Verbindung bringt. Was hat Sie an diesem Setting gereizt?

Peter Godazgar: »In erster Linie wohl meine eigenen Camping- und Ostsee-Erfahrungen. Ich liebe die Gegend dort. Aber vor allem bot es mir die Möglichkeit, meine Figuren in ungemütliche Situationen zu bringen – im Wortsinn. Markus Waldo wäre ja viel lieber in einem schönen Hotel mit ordentlichem Badezimmer und Frühstück. Aber dann wäre er nie in die Mordermittlungen verwickelt worden. Außerdem finde ich es spannend, einen Schauplatz zu wählen, der nun wirklich nicht für Spannung steht, und den Leser dann damit zu überraschen, was dort – und drumherum – alles geschieht. Den beschriebenen Campingplatz gab es übrigens wirklich auf dem Darß – inzwischen ist er leider verschwunden.«

In EIN KANINCHEN KILLT MAN NICHT führen Sie sehr unterschiedliche Gruppen zusammen: Kaninchenzüchter und Satanisten. Wie kamen Sie auf diese Kombination?

Peter Godazgar: »Da in meinen Krimis der Humor eine große Rolle spielt, habe ich nach einem möglichst großen Kontrast gesucht. Die Satanisten sind allerdings nicht grundböse, bestenfalls könnte man sagen: ›Sie üben noch.‹ Aber genau wie die Kaninchenzüchter betreiben sie ihr ›Hobby‹ mit einer großen Ernsthaftigkeit, in der für mich – bei aller mörderischen Energie, die sich natürlich im Lauf der Handlung entwickelt – viel Komik steckt. Und für die Leser deswegen natürlich auch.«

Das Interview führte Timothy Sonderhüsken, Programmleiter dotbooks.

Peter Godazgar, geboren 1967, wuchs im nordrhein-westfälischen Hückelhoven auf. Er studierte Germanistik und Geschichte, bevor er die Henri-Nannen-Journalistenschule besuchte und später als Redakteur der Mitteldeutschen Zeitung in Halle an der Saale arbeitete. Heute ist Peter Godazgar stellvertretender Pressesprecher von Halle an der Saale. Für seine Kriminalromane und Kurzgeschichten war für unter anderem für den renommierten Friedrich-Glauser-Preis nominiert und erhielt ein Stipendium der Kunststiftung von Sachsen-Anhalt.

Der Autor im Internet: www.peter-godazgar.de

Bei dotbooks veröffentlichte Peter Godazgar die Krimis »Nur ein Schwein stirbt allein«, »Tote Fische schwimmen oben« und »Ein Kaninchen killt man nicht.«