Britt Reissmann im Interview
„Mich interessiert, wodurch Menschen in Extremsituationen kommen“
Ein Gespräch mit Britt Reißmann über Reibungspotentiale, Figurenentwicklung und ihre Thea-Engel-Krimiserie.
Was hat Sie und Ihre Co-Autorin Silvija Hinzmann zur Figur der Thea Engel inspiriert?
Britt Reißmann: „Da die Thea-Engel-Krimis einen regionalen Bezug haben – denn sie spielen in Stuttgart, wo Silvija Hinzmann und ich wohnen –, wollten wir ganz bewusst ein Pendant zum eher behäbigen TATORT-Ermittler Bienzle schaffen, der alle Klischees des biederen Schwaben erfüllt. So entstand in uns das Bild einer unkonventionellen jungen Frau, die am Anfang ihrer Laufbahn steht und noch nicht abgestumpft ist von dem Leid, das sie jeden Tag zu sehen bekommt. Dass sie ein Waisenkind wurde, verdanken wir einem Zufall: Silvija, die freie Übersetzerin und Dolmetscherin ist, sollte damals das Faltblatt von Stuttgarts erster Babyklappe ins Serbokroatische übersetzen. Das war eine sehr emotionale Angelegenheit für sie als Mutter von zwei Kindern. Wir haben darüber gesprochen, was es für das Leben der Betroffenen bedeutet, ein Waisenkind zu sein, das seine Eltern nicht kennt, und spontan entschieden, dass unsere Ermittlerin genau damit konfrontiert wird – so ist Theas Vergangenheit zu einem wichtigen Bestandteil von DIE FARBE DES HIMMELS geworden.“
Weil Sie es gerade erwähnen: Neben den Ermittlungen spielt auch das Privatleben von Thea Engel eine wichtige Rolle in den Krimis – tatsächlich wurde eins der Bücher sogar mit dem DELIA als „Bester Liebesroman des Jahres“ ausgezeichnet. Was reizt Sie an dieser Mischung?
Britt Reißmann: „Figuren ohne Gefühle und emotionale Konflikte bleiben blass und eindimensional – deshalb finde ich es wichtig, nicht nur den beruflichen Alltag, die Ermittlungsarbeit, sondern auch das Privatleben, die persönlichen Probleme meiner Hauptfiguren zu beleuchten, um sie dem Leser nahezubringen. Um sich mit fiktiven Charakteren identifizieren zu können, muss man sie kennenlernen. Und gibt es eine Möglichkeit, Figuren mit all ihren Hoffnungen, Wünschen, Ängsten und Unsicherheiten besser kennenzulernen, als wenn sie sich verlieben? Dass die Thea-Engel-Krimis aber auch als Liebesgeschichten wahrgenommen werden können, wurde mir tatsächlich erst so richtig bewusst, als DER TRAUM VOM TOD für den DELIA-Preis nominiert wurde. Natürlich bin ich sehr stolz, gewonnen zu haben – denn ich verstehe diese Auszeichnung als Beweis dafür, dass Spannung und Emotion Hand in Hand gehen können.“
Was mögen Sie besonders an Thea Engel und Michael Messmer?
Britt Reißmann: „An Thea und Messmer mag ich am meisten, dass beide nicht perfekt sind. Sie ist sehr engagiert in ihrem Beruf, gleichzeitig aber auch unsicher und etwas zerstreut – und eine katastrophale Hausfrau. Er möchte ihr imponieren und schießt dadurch manches Mal mit seinem Selbstbewusstsein über das Ziel hinaus. Das schafft Missverständnisse und Konfliktpotential, was unverzichtbar für spannende Geschichten ist.“
Bei so viel Konfliktpotential – gingen die beiden Ihnen beim Schreiben auch mal auf die Nerven?
Britt Reißmann: „Thea ist mir nie auf die Nerven gegangen. Mit ihr hätte ich mich gern öfter auf einen Kaffee oder ein Glas Chianti getroffen. Messmer nervte da schon eher mal mit seinem Macho-Gehabe. Aber es sind gerade diese Ecken und Kanten, die eine Figur ausmachen – und ich weiß von vielen Leserinnen und Lesern, dass ihnen gerade das Zusammentreffen dieser ungleichen Ermittler großes Vergnügen bereitet hat.“
Sie arbeiten selbst für die Polizei, Sie schreiben Krimis – warum bekommen Sie nicht genug von Mord und Totschlag?
Britt Reißmann: „Ich habe immer gern Krimis gelesen, auch als ich selbst noch gar keine geschrieben habe. Das war wohl auch der Grund, warum ich mich überhaupt erst auf die Stelle bei der Mordkommission beworben habe: Mich interessiert, wodurch Menschen in Extremsituationen kommen, was sie dazu bringt, andere zu töten. Die unterschiedlichen Motive, die dabei zutage treten. Und dann natürlich die Spannung beim Zusammensetzen der einzelnen Mosaiksteine, bis sich in der Auflösung das komplette Bild des Mordes darstellt. Natürlich freue ich mich, wenn mir von Polizisten bestätigt wird, dass die Thea-Engel-Fälle authentischer sind als viele andere Krimis. Dass ich bei der Polizei im Innendienst arbeite, hat übrigens einen entscheidenden Vorteil: Ich muss nicht selbst an die Tatorte, sondern kann im gemütlichen Büro sitzenbleiben – und dann abends an meinem Schreibtisch zur Täterin und Ermittlerin werden.“
Das Gespräch führte Timothy Sonderhüsken, Programmleiter dotbooks.
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