Claudia Praxmayer über ihren Roman „Spuren aus Eis“

7. April 2016
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Praxmayer, Claudia_(C) privat

Claudia Praxmayer (c) privat

„Die Ranger hatten Anweisung, in den Bergen gut auf mich aufzupassen“

Unsere Autorin Claudia Praxmayer über ihre Erfahrungen in Kirgistan und ihren Ökothriller SPUREN AUS EIS:

 

„Warst du wirklich in Kirgistan?“

Wie eine Scheibe Brot aus dem Toaster, poppt diese Frage immer wieder hoch. Für gewöhnlich erzähle ich dann von der Landschaft, den Schneeleoparden und der Anti-Wilderer-Einheit des NABU.

Aber heute nicht! Heute habe ich noch einmal in meinen Reisenotizen gestöbert und nach den kleinen „zwischenmenschlichen“ Momenten gesucht, die meine Reise so besonders gemacht haben. Dabei habe ich das hier gefunden:

… Frühstück in Tamga. Wolodja, der Leiter der Anti-Wilderer-Einheit, sitzt mir gegenüber und beißt herzhaft in eine geschälte Zwiebel. Ich schlucke, mir wird übel. Um diese Uhrzeit? „Gut für das Immunsystem“, übersetzt die Dolmetscherin für mich. Ich nicke, ringe mir ein Lächeln ab und erkenne meinen Fehler in dem Moment, als Wolodja mir die Zwiebel unter die Nase hält und mich grinsend auffordert, abzubeißen …

Praxmayer, Spuren aus Eis 2Eine andere schöne Szene, die ich ausgegraben habe:

Der Uasig, das zähe Allradwunder, wird abgestellt und mit großen Steinen unter den Rädern gesichert. Wir nehmen unsere Rucksäcke, ab hier geht es zu Fuß weiter. Mittlerweile hat es zu nieseln begonnen und erste Nebelschwaden ziehen zwischen den Fichten auf. Ich bin dankbar für die wasserdichte Überhose, die ich in letzter Sekunde noch in meinen Rucksack gestopft habe. Der Aufstieg ist steil und mühsam. Ich stapfe hinter den vier Männern her und wäre um ein Haar in Roman gelaufen, der abrupt stehen geblieben ist. Die Männer diskutieren, ich verstehe kein Wort. Wolodja zeigt auf den tosenden Wildbach. Ich zucke mit den Schultern und denke: „Wo liegt das Problem?“ Plötzlich kommt Wolodja auf mich zu, hievt mich hoch und wirft mich über seine Schulter. Ich bin perplex, schimpfe und zetere auf Englisch, erkläre ihm, dass ich Österreicherin und absolut bergtauglich bin. Vergeblich. Stoisch überquert er den Bach und setzt mich erst wieder auf der anderen Seite ab.

Später hat mir die Dolmetscherin erzählt, dass die Ranger Anweisung hatten, in den Bergen gut auf mich aufzupassen. Hätte Lea, meine Protagonistin in „Spuren aus Eis“, diese Männer an ihrer Seite gehabt – ihr wäre bestimmt viel erspart geblieben …