Cornelia Wusowski im Interview

21. Dezember 2018
dotbooks

»In der privaten Korrespondenz offenbarte sich eine ganz private Seite der Regenten, die auch heutzutage noch nachvollziehbar und verständlich ist.«

Ein Gespräch mit unserer Autorin Cornelia Wusowski über ihre Begeisterung für Geschichte und die Tatsache, dass sich die Probleme der Menschen damals und heute oft erstaunlich ähneln – egal ob es die eines Regenten aus dem 18. Jahrhundert oder die eines Durchschnittsbürgers aus dem 21. Jahrhundert sind.

Liebe Frau Wusowski, die bildhafte Sprache und die lebensnahen Szenen in Ihren Romanbiografien lassen den Leser spüren, dass Sie von Geschichte fasziniert sind. Woher kommt diese Leidenschaft?

Cornelia Wusowski: »Als ich zehn Jahre alt war, schenkte mein Vater mir drei Bücher, nämlich ›Die Sagen des klassischen Altertums‹, ›Deutsche Heldensagen‹ und ›Die Rittersagen des Mittelalters‹. Ich glaube, mit diesen Büchern wurde der Grundstein für mein Geschichtsinteresse gelegt. Vom zwölften bis zum sechzehnten Lebensjahr kam ich dann auf dem Gymnasium in den Genuss eines hervorragenden Unterrichts in den Fächern Deutsch und Geschichte. Wenn es möglich war, hat die Lehrerin die Epoche, die im Fach Geschichte behandelt wurde, im Fach Deutsch mit der passenden Lektüre ergänzt. Diese mehrjährige Kombination der beiden Unterrichtsfächer hat mein Interesse für Geschichte dauerhaft geprägt. Denn durch diese Verknüpfung von historischen Fakten und fiktiver Erzählung wurde der trockene Hintergrund aus dem Geschichtsunterricht für mich regelrecht zum Leben erweckt.«

Wie gelang es Ihnen, sich den längst verstorbenen historischen Persönlichkeiten zu nähern und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen?

Cornelia Wusowski: »Es war die private Korrespondenz, die es mir erleichtert hat, mich in die Charaktere hineinzufühlen. Ein faszinierendes Beispiel hierfür sind Napoleons Briefe an seine Frau Joséphine während des Italienfeldzuges 1796/97: Das sind leidenschaftliche Liebesbriefe, worin Napoleon aber auch seine Enttäuschung darüber äußert, dass Joséphine seine Briefe nur selten beantwortet. Hier offenbarte sich natürlich eine ganz private Seite des Regenten, die auch heutzutage noch nachvollziehbar und verständlich ist.
Berührend war auch der letzte Brief Robert Dudleys, Graf von Leicester, an seine mutmaßliche Geliebte Königin Elisabeth I. Als sie erfuhr, dass er überraschend verstorben ist, schrieb sie auf den Umschlag: ›Sein letzter Brief‹. Diese anrührende Geste Elisabeths hat mich sehr ergriffen und mir gezeigt, wie wichtig Robert Dudley ihr war.«

Sie schreiben in Ihren Romanbiografien ELISABETH I. und KATHARINA VON MEDICI über starke Frauenfiguren. Inwiefern können diese beiden historischen Persönlichkeiten heute noch Vorbilder für moderne Frauen sein?

Cornelia Wusowski: »Beide Frauen waren sehr mutig und haben sich von den dominanten Männern in ihrem Umfeld nicht verunsichern lassen, wenn es um die Durchsetzung ihrer Ziele ging. So vertraten beide Frauen eine sehr tolerante Politik in Hinblick auf die Religion. Elisabeth schuf zum Beispiel die anglikanische Kirche, um einen Kompromiss zwischen Katholiken und Protestanten herbeizuführen. Katharina von Medici wiederum strebte immer wieder den Frieden mit den Hugenotten an, auch während der andauernden Religionskriege. Das sind definitiv durchsetzungsstarke Vorbilder, an denen Frauen sich immer noch orientieren können, gerade in der heutigen Debatte um die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern.«

In Ihrem Roman FRIEDRICH DER GROSSE – Der ungeliebte Sohn widmen Sie der Kindheit und Jugend des späteren preußischen Königs einen eigenständigen Roman. Was hat Sie dazu veranlasst?

Cornelia Wusowski: »Dafür gab es zwei Gründe. Zum einen bietet natürlich insbesondere die Jugend Friedrichs des Großen eine ganze Menge spannenden Erzählstoff. Meist fragt man sich bei bedeutenden Persönlichkeiten ja, welche Erfahrungen und äußeren Bedingungen diesen Menschen zu demjenigen geformt haben, den man nun in den Geschichtsbüchern abgebildet sieht. Hier ist bei Friedrich insbesondere der Konflikt mit seinem Vater, Friedrich Wilhelm I., von großer Bedeutung. Besonders spannend fand ich die Streitpunkte dieser beiden Herrscher auch in Hinblick auf meine persönlichen Erfahrungen mit Generationenkonflikten in der eigenen Familie. Man kann das natürlich nicht mit dem historisch gewichtigen Vater-Sohn-Konflikt in Preußen vergleichen, aber es ist doch ungemein faszinierend, dass auch die historischen Adelsfamilien mit den gleichen Problemen zu kämpfen hatten wie Familien heutzutage. Auch wenn die daraus entstandenen Konsequenzen bei einem Regenten natürlich ein landesweit politisch gewichtiges Ausmaß annehmen konnten, wie man bei Friedrich II. sieht.«

In DIE FAMILIE BONAPARTE beschreiben Sie den französischen Kaiser als sensiblen Familienmenschen. Wie passt dieses Bild mit dem skrupellosen Staatsmann zusammen?

Cornelia Wusowski: »Jeder Mensch hat zwei, vielleicht sogar mehrere Gesichter. Familie, Freunde, Arbeitskollegen erleben nur, wie ein Mensch ihnen gegenüber in einem einzigen Umfeld auftritt. Sie wissen meist nicht, was sich im Inneren der Person abspielt, oder wie er in anderen Konstellationen agiert. Das galt in besonderem Maße für Napoleon, denn bei ihm hatte die Familie zwar durch seine Erziehung einen besonders hohen Stellenwert inne – gleichzeitig versuchte er aber auch ganz bewusst, dieses Netzwerk für seine politischen Ziele zu nutzen und auszubauen. So arrangierte er beispielsweise Hochzeiten mit anderen Regierungs- oder Adelshäusern, um die politischen Bande zu festigen. Er hat also die Familie, die ihm ja alles bedeutete, in den Dienst seiner Politik gestellt und als Instrument für die Verwirklichung seiner Ziele gebraucht.«

Gandhi hat einmal gesagt: »Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt.« Was konnten Sie aus der Recherche zu Ihren Romanen für Ihr eigenes Leben mitnehmen?

Cornelia Wusowski: »Tatsächlich ist es so, dass ich während der Arbeit an meinen Romanen gelassener geworden bin und mehr zu mir selbst gefunden habe. Auch habe ich während der Zeit des Schreibens herausgefunden, was mir wirklich wichtig ist. Mehrere große Urlaube im Jahr machen zu können, wurde mir beispielsweise immer unwichtiger. Das Schreiben an sich hat mich so erfüllt, dass mir viele Äußerlichkeiten persönlich auf einmal gar nicht mehr von Bedeutung erschienen. So können sich die Dinge ändern, wenn man das tut, was man liebt.«

Das Gespräch führte Monika Malessa aus dem dotbooks-Lektorat.

Cornelia Wusowski wurde 1946 in Fulda geboren. 1971 schloss sie ihr Studium der Politischen Wissenschaft am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin mit dem Diplom ab. Bis 2009 war Cornelia Wusowski im Höheren Verwaltungsdienst tätig. Anfang der 1990er-Jahre schrieb sie ihren ersten historischen Roman. Auf ihr erfolgreiches Debüt Die Familie Bonaparte folgten weitere Romanbiografien großer historischer Persönlichkeiten. Diese bieten dank der detaillierten Recherche von Cornelia Wusowski einen überzeugenden Einblick in die Charaktere.

Bei dotbooks veröffentlicht Cornelia Wusowski:

Katharina von Medici
Elisabeth I.
Friedrich der Grosse: Der ungeliebte Sohn
Friedrich der Grosse: Der einsame König
Die Familie Bonaparte

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