»Das Geheimnis, das die alten Mauern des Vatikan umgibt, ist ein extremer Gegenentwurf zur modernen Welt.«

21. Juni 2024
dotbooks

Ein Gespräch mit David Conti über den ungewöhnlichen Protagonisten seiner Bestseller-Krimireihe um DON CAVELLI, spannende Einblicke in die Mysterien des uralten Kirchenstaates und darüber, was uns mehr denn je am Vatikan und seinen Traditionen fasziniert.

Lieber David Conti, in Ihrer Krimireihe um DON CAVELLI gewähren Sie uns spannende Einblicke in das alltägliche Leben im Kirchenstaat. Woher stammt unsere ungebrochene Faszination mit dem Vatikan – und was war Ihnen beim Schreiben wichtig?

David Conti: »Nun, zum einen ist die Katholische Kirche die älteste Organisation der Welt: Die einzige, die seit zweitausend Jahren besteht und auf der ganzen Erde vertreten ist. Zum anderen hat der Vatikan es verstanden, einen Großteil seiner eindrucksvollen Traditionen, die teilweise aus der Antike, dem Mittelalter und der Renaissance stammen, zu bewahren. Das ist in dieser Form einmalig. Das Geheimnis, das diese alten Mauern umgibt, ist ein extremer Gegenentwurf zu unserer modernen Welt und dem allgegenwärtigen Wunsch nach Transparenz und macht genau deshalb so neugierig. Nehmen wir nur das Konklave als Beispiel, die Wahl eines neuen Papstes: Die findet auch heute noch in der Sixtinischen Kapelle durch rotgewandete Kardinäle statt und der Ausgang der einzelnen Wahlgänge wird den Gläubigen, die zu Tausenden auf dem Petersplatz warten, mittels schwarzem oder weißem Rauch mitgeteilt. Alles, was während der Wahl stattfindet, bleibt auf immer geheim, einige spannende Einblicke gibt es in DON CAVELLI UND DER LETZTE PAPST

Ihr Protagonist, der Geschichtsprofessor Don Cavelli, nimmt eine außergewöhnliche Position im Vatikan ein – wie würden Sie ihn Ihren Lesern vorstellen? Und warum öffnen sich ihm viele Türen, die anderen verschlossen bleiben?

David Conti: »Don Cavelli – ›Don‹ ist tatsächlich kein Titel, sondern die Abkürzung seines Vornamens ›Donato‹ – genießt Privilegien, die zweifellos viele Menschen gerne hätten. Obwohl er kein Kleriker ist und kein vatikanisches Amt bekleidet, lebt er in einem Palazzo im Vatikan. Er hat überall Zugang und verfügt über zahlreiche besondere Rechte. Zu verdanken hat er dies seinem Urahn Capitano Umberto Cavelli, der im sechzehnten Jahrhundert Papst Julius II. einige ominöse Dienste leistete. Dafür verfügte der Papst, dass er und seine Nachkommen bis zum Jüngsten Tag ›liberatus ab ullis calamitatibus‹, also ›frei von allen Nöten zu stellen‹ sind – was nicht nur das Wohnrecht im Vatikan mit Zugang zu allen Orten, sondern auch eine große Summe Goldes beinhaltet, die im Laufe eines halben Jahrtausends durch Zins und Zinseszins zu einem astronomischen Vermögen angewachsen ist. Das ermöglicht Don Cavelli, ein relativ unbeschwertes Leben zu führen und seine Geschichtsprofessur an der Sapienza-Universität in Rom gewissermaßen als Hobby zu betreiben. Unbeschwert zumindest, bis sein Freund, Kardinal Fontana, auf rätselhafte Weise ums Leben kommt und Don Cavelli in eine Verschwörung um eines der erschütterndsten Ereignisse der jüngeren Geschichte verwickelt wird.«

In DON CAVELLI UND DER SCHATTENPAPST verschlägt es Cavelli in ein spanisches Bergdorf, in dem tatsächlich jedes Jahr Hexenmessen gefeiert werden. Wie wählen Sie die Schauplätze für Ihre Kriminalromane aus?

David Conti: »Nach zwei Kriterien: Entweder verwende ich sehr bekannte Orte und fokussiere mich dann auf weithin unbekannte Details, oder meine Figuren begeben sich an spektakuläre Orte, von denen kaum jemand je gehört hat und bei denen der Leser sicher ist, dass das erfunden sein muss. Das ist überhaupt ein Merkmal meiner Romane: Die Dinge, die am unwahrscheinlichsten klingen, sind fast immer wahr.«

Mit dem Vatikanexperten Don Cavelli und Elisabetta Farnese haben Sie in DON CAVELLI UND DER ATEM GOTTES ein interessantes Ermittlerduo geschaffen. Warum sind die beiden genau die Richtigen, um die dunklen Vorgänge bei der anstehenden Papstwahl aufzuklären?

David Conti: »Genau genommen ist Don Cavelli gar nicht gut geeignet, um sich in all die Machenschaften einzumischen. Er ist ein Geschichtsprofessor ohne jeden kriminalistischen Hintergrund. Leider bringt er es nicht fertig, abzulehnen, wenn man ihn um Hilfe bittet, so dass er immer wieder in die verschiedensten Fälle verwickelt wird, wobei ihm seine intime Kenntnis des Vatikan und seine Kontakte innerhalb natürlich oft von Nutzen sind.

Elisabetta hingegen, der letzte Spross der berühmten Farnesefamilie, sieht Gefahren als willkommene Abwechslung und kann Cavelli Türen zur High Society öffnen, die selbst ihm verschlossen sind.«

Das Gespräch führte Ronja Beck aus dem dotbooks-Lektorat.

David Conti wurde 1964 in Rom geboren und verbrachte dort – unterbrochen von einem mehrjährigen Aufenthalt in München – seine Kindheit und Jugend. Nach einem Studium der Theologie, Geschichte und Germanistik in Perugia, Yale und Tübingen, war er mehrere Jahrzehnte lang in verantwortlicher Position bei einer internationalen Institution in Rom tätig. Seit seinem beruflichen Ausscheiden aus dieser verbringt er seine Zeit mit Reisen und dem Schreiben der »Don Cavelli«-Reihe. Er lebt abwechselnd in Castel Gandolfo, Zürich und Santa Barbara.

David Conti veröffentlichte bei dotbooks bisher 10 Bände, weitere sind in Planung. Die Bücher sind sowohl als eBooks wie auch Printausgaben erhältlich und als Hörbücher bei SAGA Egmont.