DIE LEBKÜCHNERIN von Sybille Schrödter
vorgestellt von Timothy Sonderhüsken, Programmleiter
»Früher war alles besser« – obwohl ich mich dieser Pauschalaussage nicht anschließen kann, einmal im Jahr denke ich es doch: dann nämlich, wenn ich im Supermarkt kopfschüttelnd vor den ersten Lebkuchen stehe. Ich erinnere mich noch, dass ich mich früher Ende Oktober über sie gefreut habe, aber dann standen die süßen Leckereien plötzlich schon vor der Buchmesse im Laden und arbeiteten sich schließlich auf den September vor … und ich frage mich: Wird man sie bald zusammen mit den Buchungsunterlagen für den Sommerurlaub bekommen?
»Früher war alles besser« gilt aber vor allem nicht, wenn es um die Lebensumstände der Menschen geht, so wie in Sybille Schrödters historischen Romanen. Das Mittelalter war keine Zeit für Frauenpower und Gleichberechtigung, es gab viele ungerechte Gesetze … und um auf unser Eingangsthema zurückzukommen: Lebkuchen waren Fastenspeisen und, je nach Können des Klosterbäckers, oft alles andere als wohlschmeckend. Genau damit beginnt in Sybille Schrödters DIE LEBKÜCHNERIN die Geschichte einer adligen Kaufmannstochter, die nach dem Tod ihres Vaters ins Kloster verbannt wird, weil sich ihre Stiefmutter so das Vermögen unter den Nagel reißen will. Benedicta fühlt sich fremd in der entbehrungsreichen Welt der Nonnen – und kennt nur einen Glücksmoment: Wenn sie in der Küche stehen und Lebkuchen so zubereiten kann, wie sie es von zuhause kennt, duftend, süß und die Seele wärmend.
Schließlich wagt Benedicta, was unter Todesstrafe verboten ist: Sie flieht aus dem Kloster und schlägt sich bis nach Nürnberg durch, wo sie Aufnahme im Haus eines Bäckers findet. Doch weil ihre Kunst bald für Furore sorgt, gerät Benedicta in noch größere Gefahr: die Missgunst ihrer Neider kennt keine Grenzen, und auch ihre Stiefmutter verfolgt sie weiterhin mit unstillbarem Hass …
DIE LEBKÜCHNERIN ist auf verschiedene Weise spannend – zum einen ist da die Handlung selbst, denn natürlich kann man gar nicht anders, als mit Benedicta mitzufiebern. Darüber hinaus erfahren wir in diesem Roman aber auch viel über die Zeit und ihre Gebräuche, was Sybille Schrödter in akribischer Recherche zusammengetragen hat und meisterhaft mit einer weiteren Ebene verwebt … denn natürlich wollen wir alle wissen, ob es für Benedicta und den sympathischen Konstantin ein Happy End geben wird!
Wer mich kennt, der weiß, dass ich selten nur einen Lebkuchen essen kann: Heimlich schiele ich immer schon nach dem zweiten, den ich hemmungslos genießen möchte … und das gilt so auch für Bücher, die mich begeistern! Da trifft es sich gut, dass Sybille Schrödter nach DIE LEBKÜCHNERIN einen weiteren Roman geschrieben hat, der nach Anis, Zimt und Honig duftet: In DAS ERBE DER LEBKÜCHNERIN folgen wir Bianca, der Verlobten von Benedictas Sohn, auf ihrer gefahrvollen Reise nach Venedig, um ihre große Liebe vor einer Verschwörung zu retten. Und wer liest, wie gefährlich eine Alpenüberquerung im Mittelalter war, der sagt ganz sicher nie wieder »Früher war alles besser« …
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit diesen beiden wunderbaren historischen Romanen von Sybille Schrödter, die in unserem Programm übrigens ganzjährig zu den Bestsellern gehören, weil sie ihre Leserinnen und Leser auch begeistern, wenn gerade keine Lebkuchensaison ist!
Lesetipp der Woche:
DIE LEBKÜCHNERIN von Sybille Schrödter
vorgestellt von Timothy Sonderhüsken, Programmleiter