„Du gehörst mir“ von Annemarie Schoenle
Susanne Schmitz, Lektorin, stellt „Du gehörst mir“ von Annemarie Schoenle vor:
Ich kann von mir behaupten, eine selbstbewusste und unabhängige Frau zu sein. Selbstständig gehe ich durchs Leben – und genau das erwarte ich in einer Beziehung auch von meinem Partner: Er darf Liebe nicht mit Kontrolle verwechseln. Ich wollte mir nie vorstellen, wie es sein könnte, mich nicht mehr so frei bewegen zu können; mir vielleicht von jemandem vorschreiben zu lassen, was ich anzuziehen oder zu tun oder zu lassen habe – mich im schlimmsten Fall sogar verfolgt und schutzlos zu fühlen. Und dann habe ich Annemarie Schoenles Psychothriller DU GEHÖRST MIR gelesen – und auf einmal war die Bedrohung fürchterlich präsent, wurden meine Freiheiten, die ich bis dahin für selbstverständlich hielt, in Frage gestellt …
Auf einer Party ihrer besten Freundin Sarah lernt Melanie den charmanten Wolf kennen. Sofort ist klar: Dieser Mann ist anders als die meisten! Er ist ein Gentleman der alten Schule – so will er beispielsweise nicht sofort mit ihr schlafen, sondern möchte in ihr seine große Liebe finden, sie heiraten. Und das wortwörtlich, direkt nach wenigen Wochen. Mit dieser Art überrumpelt er Melanie, die sich einerseits geschmeichelt fühlt, andererseits noch nicht bereit ist, sich selbst so weit aufzugeben, wie es Wolf gerne hätte: „Ich bin du und du bist ich.“
Dass Wolf zur Eifersucht neigt, findet Melanie anfangs nicht so dramatisch. Vollkommen grundlos misstraut er ihr – mehr und mehr. Er wird immer besessener, kontrolliert bald jeden einzelnen ihrer Schritte, überwacht sie, will sie besitzen: „Ich bin du und du bist ich.“ Dieses beängstigende Mantra bestimmt bald Wolfs gesamtes Leben. Melanie versucht immer wieder, sich den Kontrollwahn ihres Ehemannes schön zu reden. Sie will glauben, er würde das alles nur aus Liebe tun, um sie zu beschützen. Doch bald fühlt sie sich von ihm nicht mehr beschützt, sondern bewacht. Sie befinden sich in einem paranoiden Teufelskreis. Kann Melanie ausbrechen?
Annemarie Schoenle gestattet uns durch Perspektivwechsel, mal in die eine, mal in die andere Rolle zu schlüpfen – dem Leser Wolfs krankhafte Gedanken erfahrbar zu machen und auf der anderen Seite Melanies Beklemmungen am eigenen Leibe zu spüren. Das Buch wurde nach Erscheinen hitzig diskutiert und – wie alle Romane von Annemarie Schoenle – auch verfilmt. Die Verfilmung mit Tobias Moretti (Wolf) und Katharina Lorenz (Melanie) ist übrigens ein sehenswerter Psychothriller, der sein Ziel nicht verfehlt.
Wenn Sie einen außergewöhnlich geschriebenen Psychothriller schätzen, kann ich Ihnen Annemarie Schoenles DU GEHÖRST MIR definitiv empfehlen. Aber Achtung: Dieses Buch lässt Sie so schnell nicht los!