„Es gibt alltägliche Dinge, Momente oder Begegnungen, die nichts kosten, die das Leben aber schöner machen.“

11. Juni 2021
dotbooks

Ein Gespräch mit Bestsellerautorin Tania Schlie über schwierige Männer, besondere Melodien und ihren neuen Roman DER DUFT VON SOMMERREGEN.

Liebe Tania, dein Roman DER DUFT VON ROSMARIN UND SCHOKOLADE war ein Bestseller – wäre es da nicht naheliegend gewesen, eine direkte Fortsetzung zu schreiben?

Tania Schlie: „Zuerst einmal bin ich sehr stolz und dankbar dafür, dass so viele Leser meinen Roman gern gelesen haben. Natürlich denkt man dann darüber nach, die Geschichte weiterzuschreiben. Aber am Ende von DER DUFT VON ROSMARIN UND SCHOKOLADE hat Maylis mit Paul den Mann ihres Lebens gefunden. Da wird kein anderer mehr kommen. Mit Lena habe ich mir für DER DUFT VON SOMMERREGEN eine neue Hauptfigur ausgedacht – und beim Schreiben meine Figuren aus dem ersten Buch prompt vermisst, insbesondere Madame Rosa. Ich hatte das Gefühl, ihre Geschichte noch nicht zu Ende erzählt zu haben, und so spielt sie im neuen Roman die Liebesbotin. Wie genau, das verrate ich hier aber natürlich noch nicht.“

Maylis, die Hauptfigur aus DER DUFT VON ROSMARIN UND SCHOKOLADE, wurde so verletzt, dass sie glaubt, nie wieder lieben zu können – Lena hingegen hat sich in DER DUFT VON SOMMERREGEN so bequem in ihrem Singleleben eingerichtet, dass sie eigentlich gar kein Interesse mehr daran verspürt, sich noch einmal zu verlieben. Was hat dich daran gereizt?

Tania Schlie: „Es gibt ja ganz verschiedene Arten, wie man zu Beziehungen stehen kann. Maylis traut den Männern und der Liebe nicht mehr, bis der Richtige kommt. Lena fühlt sich dagegen einfach wohl ohne Mann: Sie liebt ihren Job und ihre Mußestunden auf dem Sofa mit einem guten Buch und einem Glas Wein. Ich mag das sehr an ihr, dass sie so entspannt ist und niemand anderen braucht. Und dann kommt da plötzlich doch ein Mann um die Ecke – vielleicht sogar auch noch ein zweiter – und die Welt ist auf einmal viel bunter und reicher, als Lena sich das bisher vorstellen konnte. Sie steht nun also vor der Entscheidung, das Glück, dass sie mit sich allein gefunden hat, zu riskieren, um den Versuch einzugehen, einen anderen Menschen nah an sich heran zu lassen. Aber braucht man überhaupt eine Beziehung, um ein erfülltes Leben führen zu können? Diese Frage wollte ich am Beispiel von Lena klären.“

Eine geheimnisvolle Melodie, die Lena immer wieder in ihrer Wohnung hört, spielt eine wichtige Rolle in deinem Roman – was hat dich dazu inspiriert?

Tania Schlie: „Ich sage nur: Casablanca! Den Film mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann kennt wohl jeder. Da gibt es eine berühmte Szene, in der der Pianist DAS Lied spielt, das Rick nie wieder hören wollte, weil es ihn an seine große Liebe Ilsa erinnert. Sobald die ersten Töne erklingen, sieht er Ilsa wieder vor sich – und wenn heute jemand ‚Spiel’s noch einmal, Sam‘ sagt, weiß jeder sofort, was damit gemeint ist: Manchmal reicht eine einzige kleine Melodie, und wir fühlen uns in eine andere Zeit versetzt. Wie viele von uns wissen noch, welche Musik gespielt wurde, als sie ihren ersten Kuss bekamen? Und genau darum ging es mir in DER DUFT VON SOMMERREGEN: den Zauber einer Melodie heraufzubeschwören, den viel mehr ausmacht als Noten, Töne und Klang.“

Lena steht zwischen zwei Männern – der eine ist eigentlich viel zu jung, der andere komplett beziehungs-ungeeignet. Was magst du an diesen beiden Typen?

Tania Schlie: „Eine Freundin hat mal gesagt: ‚Ich kann nur schwierige Männer lieben.‘ Das würde ich so nicht unterschreiben, aber es ging mir immer wieder durch den Kopf, während ich diesen Roman geschrieben habe. Georg, der ältere Musiker, ist definitiv der Schwierige, er hat Lebenserfahrung und schon einiges hinter sich. Und er ist Künstler, das macht ihn für mich interessant und liebenswert. Gleichzeitig zeigt er meiner Hauptfigur Lena deutlich, dass er keine Beziehung führen will.

Paul, den Lena auf der Hochzeit einer Freundin kennenlernt, ist da ganz anders: Er ist jung und geht unbeschwert durchs Leben. Mit ihm ist alles leicht. Aber ihm fehlt die Tiefe, und als er Lena in einer schwierigen Situation allein lässt, grenzt das für mich persönlich an Verrat. Kann man sich damit arrangieren, wenn alles andere stimmt? Kein Mensch ist perfekt, wir haben alle unsere Ecken und Kanten. Es geht in DER DUFT VON SOMMERREGEN weniger darum, das eine, große, rosarote Glück zu finden – sondern einen Partner, den man lieben kann, obwohl … oder gerade weil … man um seine Abgründe weiß.“

Kommen wir von Abgründen zu etwas sehr Schönem: Was verbindest du mit dem Titel deines Romans?

Tania Schlie: „Dieser ganz besondere Duft, wenn im Sommer nach langer Trockenheit Regen auf Sand oder Stein fällt, begleitet mich schon seit Jahren. Wir alle kennen ihn, und obwohl die Wenigsten ihn konkret beschreiben könnten, wissen wir alle, was damit gemeint ist. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich ihn riechen darf. Jeder von uns hat solche Trigger – Gerüche, Farben, Geschmäcker, Musikstücke –, bei denen Erinnerungen hochkommen, bei denen wir uns augenblicklich gut fühlen und die uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Lena, die Hauptfigur in meinem Roman, sieht sich als Sammlerin dieser kleinen Glücksmomente, von denen es in der Geschichte deswegen noch einige mehr zu entdecken gibt.“

Lena hat ein ungewöhnliches Hobby: Sie ersteigert am Flughafen gestrandete und nie abgeholte Koffer, weil sie die Überraschung liebt, was sie darin erwartet. Auf welche Überraschung können sich deine Leserinnen freuen?

Tania Schlie: „Mit DER DUFT VON SOMMERREGEN wollte ich eine möglichst schöne, gefühlvolle Liebesgeschichte erzählen, die natürlich voller Romantik steckt, aber auch die ernsten Momente des Lebens nicht ausspart. Daneben erfahren der Leser und die Leserin etwas über das Sammeln von Autographen. Auch einige besondere Orte in Hamburg spielen eine Rolle. Aber das Wichtigste, wie gerade auch schon einmal erwähnt: Lena ist jemand, die immer offen für die kleinen Glücksmomente des Lebens ist. Das sind wirklich alltägliche Dinge, Momente oder Begegnungen, die nichts kosten, die das Leben aber schöner machen. Ich würde mich freuen, wenn die Leserinnen beim Lesen des Buchs eine Antenne für diese Glücksmomente entwickeln und ihr Leben dadurch bereichern.“

Das Gespräch führte Timothy Sonderhüsken, Programmleiter dotbooks.

Tania Schlie, geboren 1961, studierte Literaturwissenschaften und Politik in Hamburg und Paris. Bevor sie anfing zu schreiben, war sie Lektorin in einem großen Verlag. Heute lebt sie als erfolgreiche Autorin in der Nähe von Hamburg und schreibt Bücher zu kultur- und kunsthistorischen Themen und Romane.

Bei dotbooks veröffentlicht Tania Schlie, die auch unter den Namen Greta Hansen und Caroline Bernard erfolgreich ist, die Romane »Die Spur des Medaillons«, »Eine Liebe in der Provence«, »Elsas Erbe«, »Der Duft von Rosmarin und Schokolade«, »Der Duft von Sommerregen«, »Die Liebe der Mademoiselle Godard«, »Ein Sommer in Bonneville«, »Zwischen uns der Ozean« und »Die Jahre ohne dich«.