»Ich liebe dieses noch etwas unentdeckte idyllische Land an der Weser mit den grünen Wiesen und dem Nebel.«
Ein Gespräch mit unserer Autorin Annette Weber über ihre große Gestütssaga GUT WERDENBERG, die innere Stärke von Frauen, die sich in vielen Schattierungen zeigen kann, und über ihre Liebe zum Mindener Land:
Liebe Annette Weber, in deiner Gut-Werdenberg-Saga nimmst du uns mit in das Mindener Land: Warum ausgerechnet dorthin – und warum gerade zu Anfang der 20er Jahre?
Annette Weber: »Ich wollte meine Reihe um die Werdenbergs in einer Landschaft ansiedeln, die ich gut kenne: Meine Kinderzeit habe ich in Minden verbracht und seitdem liebe ich das noch etwas unentdeckte idyllische Land an der Weser mit den grünen Wiesen und dem Nebel. Danach bin ich oft umgezogen und habe mich immer ein wenig heimatlos gefühlt. Doch diese Umzüge und Veränderungen haben, bei allem Schmerz, wenn ich Abschied nehmen musste, mein Leben auch bereichert. Die Verbundenheit mit dieser Region spielt auch für meine Protagonistin Thekla von Werdenberg und den jungen Dorfschmied Robert eine wichtige Rolle: Was ist Heimat? Darf die Familie über allem stehen? Was, wenn die Heimat nicht mehr mit der voranschreitenden Zeit Schritt halten kann? All diese Fragen wollte ich in meine Romane einweben.
Das bewegte Jahrzehnt ab 1920 schien mir als Hintergrund dafür ideal. Mir war wichtig, eine kriegsfreie Zeit zu finden, denn Kriege haben ihre eigene traurige Dramatik, ich wollte mich aber vor allem auf die dramatischen Verwicklungen innerhalb einer Familie konzentrieren. Einer Familie, die gerade im Begriff ist, sich aus der Tradition und von Althergebrachtem zu lösen. Das führt natürlich zwischen den verschiedenen Generationen zu Spannungen – insbesondere zwischen Thekla, die von einer neuen Pferdezucht träumt, und ihrem Vater, dem alten Gutsherrn, der sich noch nicht aus dem letzten Jahrhundert lösen kann, gerade auch, was die Rolle von Frauen angeht.«
In deiner Familiensaga begleiten wir drei sehr unterschiedliche junge Frauen auf ihren Schicksalswegen. Findest du in jeder von ihnen Eigenschaften von dir wieder?
Annette Weber: »Ich bin sicher, dass ich von allen drei Frauen etwas habe – den kämpferischen Geist genauso wie den kindlichen Wunsch, dass mit der Zeit schon alles gut werden und sich richten wird. Das Gefühl von Sicherheit brauche ich genauso wie Franzi, die Herausforderung und kleine Abenteuer genauso wie Thekla und ihre beste Freundin Bettina. Von Thekla als ältester Tochter des Gutsherren verlangen die Konventionen, dass sie einen Adligen heiratet, der das Gestüt weiterführt, während sie nur schmückendes Beiwerk und Stütze ist. Aber Thekla hat ihren ganz eigenen Kopf: Sie weiß, was in der Pferdezucht verändert werden muss, um das Gestüt in diesen schwierigen Zeiten über Wasser zu halten, und sie kann mit den Pferden auf eine Weise umgehen wie keiner der Männer auf dem Hof. Dafür muss sie sich jeden Tag aufs Neue behaupten. Ihre Schwester Franzi scheint das genaue Gegenteil: Sie träumt von der Ehe und einem starken Mann an ihrer Seite – deshalb neigt man aber auch schnell dazu, sie zu unterschätzen. Dabei kämpft sie auf ihre Weise genau stark wie Thekla um ihre Vorstellung von Glück – und wenn es darauf ankommt, dann können die Schwestern auch ein starkes Team bilden. Besonders am Herzen liegt mir aber tatsächlich Bettina, die Tochter des Stallmeisters: Sie ist eine erstklassige Springreiterin, doch Turniere sind zu ihrer Zeit ein reiner Männersport. Hinzu kommt, dass Bettina seit ihrer Kindheit eine Verletzung am Bein hat, die sie – in den Augen der Männer – zu keiner ebenbürtigen Konkurrentin macht. Das treibt Bettina aber bloß an, doppelt so gut zu werden wie sie!«
Du zeichnest in deinen Romanen sehr eindringlich das Bild eines deutschen Gutshofs um 1922 – wie hast du dafür recherchiert und was hat dich dazu inspiriert, gerade über die Pferdezucht zu schreiben?
Annette Weber: »Da ich selbst reite und lange Zeit Pferde besaß, lag es für mich nah, zwei Leidenschaften miteinander zu verbinden: das Reiten und das Schreiben. Für die Recherche sind die Zuchtvereine und die Landgestüte mit ihren Websites wirkliche Goldgruben, weil sie viel über die Entwicklung der Pferdezucht schreiben. Außerdem bietet das Schloss in Bückeburg eine tolle Möglichkeit, sich vor Ort schlau zu machen. Dort gibt es interessante historische Ausstellungen, spannende Pferdevorführungen und ein Museum, in dem man sogar in historischen Pferdesätteln sitzen kann. Außerdem hat das Schloss so ein wundervolles adeliges Ambiente. Hier bin ich oft gewesen und habe mich inspirieren lassen.«
So unterschiedlich wie die Frauen in deinen Romanen sind auch die Wege, die sie zur Liebe führen –hat sich hier beim Schreiben vielleicht auch etwas anders entwickelt als anfangs von dir geplant?
Annette Weber: »Bevor ich mit dem ersten Band, GUT WERDENBERG – STÜRME EINER NEUEN ZEIT, begann, hatte ich eigentlich geplant, den jungen Freiherrn Hagen von Ellerbruch als reinen Antagonisten aufzubauen, der sich den Gutshof der Werdenbergs unter den Nagel reißen will. Ich sah ihn aus diesen Gründen mit Franzi anbandeln, aber dann entwickelte sich irgendwie beim Schreiben eine Zuneigung zwischen den beiden … und plötzlich waren mir die beiden so sehr ans Herz gewachsen, dass ich ihnen im zweiten Band der Familiensaga unbedingt mehr Raum geben wollte.«
Das Gespräch führte Ronja Beck aus dem dotbooks-Lektorat.
Annette Weber, 1956 in Lemgo geboren, schreibt seit über 20 Jahren Jugendbücher und Gegenwartsromane, in die sie stets ihre Begeisterung für Pferde einfließen lässt. Annette Weber ist verheiratet, hat drei Söhne, fünf Enkelkinder und lebt in der Nähe von Paderborn.
Die Autorin im Internet: www.annette-weber.com/ und www.sina-trelde.de
Bei dotbooks veröffentlichte Annette Weber ihre »Gut Werdenberg«–Saga mit den Bänden »Stürme einer neuen Zeit« und »Hoffnung eines neuen Lebens«.
GUT WERDENBERG – STÜRME EINER NEUEN ZEIT von Annette Weber – überall erhältlich, wo gute eBooks angeboten werden, und natürlich auch auf unserer WEBSITE, wo die eBooks für Sie im Mobi-Format für den Kindle und als ePubs für alle anderen Lesegeräte bereitstehen.