»In meinen Thrillern kann ich starke Heldinnen entwerfen, die authentisch wirken.«

5. April 2024
dotbooks

Ein Gespräch mit unserer Autorin Janet Clark über Ihre packenden Psychothriller ICH SEHE DICH, RACHEKIND und BLACK MEMORY, wie sie wichtige Themen wie häusliche Gewalt in ihre Bücher einbindet und woher sie ihre Ideen bekommt.

Liebe Janet Clark, in Ihren Thrillern ICH SEHE DICH, RACHEKIND und BLACK MEMORY stehen stets starke Frauen im Fokus. Was macht gerade dieses Genre so spannend für Sie?

Janet Clark: »Im Thriller lassen sich gesellschaftsrelevante Themen hervorragend verpacken, verwoben in einen spannenden Plot und mit HeldInnen, die jegliche Herkunft oder Beruf haben können. Beim Krimi steht die Polizeiarbeit im Vordergrund, beim Thriller die Frage, wie meine HeldInnen je wieder (heil) aus einer gefährlichen Lage herausfinden, in die sie zumeist unverschuldet geraten sind. Dadurch habe ich einen enormen Handlungsspielraum bei der Gestaltung der Geschichte und kann starke Heldinnen entwerfen, die authentisch wirken, und ihnen ebenso starke Helden an die Seite stellen, mit denen sie auf Augenhöhe agieren können.«

In ICH SEHE DICH muss die Journalistin Sara herausfinden, dass ihre Schwester Tini von ihrem Mann misshandelt wurde. War es Ihnen wichtig, das leider nach wie vor der aktuelle Thema »häusliche Gewalt« zur Sprache zu bringen?

Janet Clark: »Dieses Buch zu schreiben, war mir ein persönliches Anliegen, da ich hier Erfahrungen aus meinem Umfeld eingebracht habe, die mich nachhaltig erschüttert haben. Häusliche Gewalt ist nicht nur ein erst langsam in die Öffentlichkeit tretendes Tabuthema, es ist auch mit viel Scham besetzt. Dies kann sich nur ändern, wenn Betroffene durch eine Veränderung der öffentlichen Wahrnehmung verinnerlichen, dass ihnen angetane Gewalt weder von ihnen verschuldet ist noch ein schlechtes Licht auf sie wirft. Und dass es Möglichkeiten gibt, aus Abhängigkeiten auszubrechen.

Sara in ICH SEHE DICH ist ein Opfer sehr subtiler psychischer Gewalt, die sie als solche zunächst nicht erkennt. Dabei ist es natürlich alles andere als okay, wenn eine Person immer wieder klein gehalten, von Freunden absondert, und ihr Selbstwert zerstört wird. Es war mir wichtig, in meiner Hauptfigur eine Frau zu haben, die als starke Heldin dieser Gewalt ausgesetzt ist, sie aber erst nach und nach als solche erkennt und sich dagegen zur Wehr setzt. Diese Stärke braucht sie besonders, als ihre Schwester Tini des Mordes an ihrem eigenen, gewalttätigen Mann verdächtigt wird. Niemand außer Sara glaubt an Tinis Unschuld – und ihre Ermittlungen bringen sie bald selbst in tödliche Gefahr …«

In RACHEKIND sucht die junge Mutter Hanna nach ihrem verschwundenen Mann und stößt dabei auf ein dunkles Kapitel in seiner Vergangenheit … Wie ist Ihnen die Idee für dieses Buch gekommen?

Janet Clark: »Tatsächlich hatte ich für Rachekind eine Inspiration von außen. Jemand erzählte mir von ihrem Kleinkind, das nach einer Nahtoderfahrung in der Nacht der Ermordung des eigenen Vaters so seltsame Verhaltensweisen entwickelte, das sogar die Erzieherinnen der Kita die Mutter darauf ansprachen … Es war ein Gänsehautmoment, der mich so lange nicht mehr losließ, bis ich mir ihre Erlaubnis holte, die Geschichte in meinem Roman als Inspiration zu verarbeiten. Und dieser Gänsehautmoment ist direkt in das Buch hineingewandert. Dazu kam ein anderes, wichtiges Thema, das in der Gesellschaft viel zu lange verschwiegen und tabuisiert worden war … aber ich will natürlich nicht zu viel verraten.«

Claire, die Heldin Ihres Thrillers BLACK MEMORY, erwartet der wahre Albtraum, als sie ohne jegliche Erinnerungen an ihr Leben erwacht – und beschuldigt wird, ihre eigene Tochter Bonnie entführt zu haben. Was sind die größten Herausforderungen, denen Claire sich stellen muss?

Janet Clark: »Claire verliert mit ihrem autobiografischen Gedächtnis auch ihr sogenanntes ›Koordinatensystem‹, und kann nicht mehr einschätzen, wem sie trauen darf und welche Informationen über ihr Leben richtig und falsch sind. Wir sind uns im Alltag nicht bewusst, dass wir die meisten Entscheidungen unbewusst über unser Erfahrungssystem steuern. Wenn wir sagen, das war eine Bauchentscheidung, war es in Wahrheit eine Entscheidung, die auf unseren bisherigen Erfahrungen basiert. Claire weiß also nicht einmal, ob sie sich selbst trauen kann, geschweige denn den Menschen um sich herum. Kombiniert mit der Angst um Bonnie, befindet sie sich in einer Ausnahmesituation, der sie nur durch ihren analytisch geschulten Verstand und ihrem unbedingten Wunsch, Bonnie zu finden, standhalten kann. Die Frage, die das ganze Buch über bestehen bleibt, ist aber natürlich: Ist alles so, wie es scheint – oder befindet Claire sich auf einer irrwitzigen Jagd in die falsche Richtung?«

Das Gespräch führte Alina Hettmann aus dem dotbooks-Lektorat.

Janet Clark arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin, Dozentin und Marketingchefin in Belgien, England und Deutschland, bevor sie sich ganz ihrer Leidenschaft, dem Schreiben, widmete. Sie lebt mit ihrer Familie in München und engagiert sich für AutorInnenrechte.

Die Website der Autorin: janet-clark.de/

Die Autorin auf Instagram: instagram.com/janetclarkautorin/

Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihre Thriller »Ich sehe dich«, »Black Memory« und »Rachekind«.