Interview mit Sylvie von Frankenberg & Katrin von Glasow
Wir haben für euch unser Autorinnenduo Katrin von Glasow & Sylvie von Frankenberg gefragt: »Mit Henry Plantagenet und Alienor von Aquitanien schreibt ihr über zwei der schillerndsten Persönlichkeiten des Mittelalters – was war euch für euren Roman HENRY UND ALIENOR das größte Anliegen?«
»Den Mut, die Größe und die Tatkraft dieser erstaunlich modernen Frau zu vermitteln, ins Heute zu übertragen, war uns ein echtes Bedürfnis. Alienor von Aquitanien war ganz einfach eine emanzipierte Frau im besten Sinne.
Mit über achtzig Jahren – das Durchschnittsalter betrug im Hochmittelalter etwa vierzig Jahre – ritt sie noch über die Pyrenäen, um ihre Enkeltochter Bianca von Kastilien als zukünftige Braut des Königs von Frankreich, Ludwigs VIII., nach Paris zu begleiten. Ihr Ziel: das Königreich Frankreich zu stärken. Welch eine Power.
Die zweimalige Königin war machtbewusst und klug. Ihr langes Leben war ausgefüllt mit Liebe und Tragödien. Selbst in der zehnjährigen Gefangenschaft in Old Sarum blieb sie eine freie Frau. Faszinierend.«
»Für eure große PLANTAGENET-AQUITANIEN-TRILOGIE habt ihr vor Ort in England und Frankreich recherchiert – was waren dabei eure spannendsten Entdeckungen? Gab es denkwürdige Ereignisse?«
»Bevor wir die ersten Seiten niederschrieben, haben wir jahrelange Reisen zu all den Orten gemacht, die für unsere Hauptfiguren prägend waren. Wir wohnten in Burganlagen aus dem 12. Jahrhundert, um nachvollziehen zu können, wie es sich in dicken, kalten Mauern mit riesigen Kaminen lebte, welche Geräusche, welche Gerüche zum täglichen Leben gehörten. Wir haben in Aquitanien, in der Normandie und in England alle Abteien und Burgen besucht, die eine wichtige Rolle im Leben von Henry Plantagenet und Alienor von Aquitanien spielten. In der Abtei von Fontevrault, in der Alienor ihre letzten Lebensjahre verbrachte und die sie sehr geliebt hat, haben wir einige Nächte in kargen Klausurräumen geschlafen, Gesänge im Hauptschiff der Abteikirche gehört, dort wo Alienors und Henrys Sarkophage stehen, ebenso wie der ihres Sohnes Richard Löwenherz. Das war bewegend und half uns dabei, uns in die richtige Atmosphäre zu versetzen.
Bei den Recherchen in Oxford wollten wir mit Hilfe eines englischen Freundes eine australische Spezialistin für die englischen Klostergründungen von Bernhard von Clairvaux treffen. Der Zisterzienser sah Alienors Trennung von ihrem ersten französischen Mann, König Louis VII. kritisch – vor allem die Annullierung ihrer Ehe, die sie geschickt durchgesetzt hatte. Nicht zuletzt deshalb galt der Ordensgründer als einer ihrer großen Gegenspieler.
Der Freund rief uns an und erklärte, die Historikerin sei eine Nonne: ›But how to catch a nun?‹ Am Ende trafen wir sie zum Abendessen und lachten und lernten viel.
Wir ärgerten uns aber auch über einige Kommentare im Internet, in denen uns unter anderem. angekreidet wurde, dass wir unserem Königspaar eisgekühlten Apfelsaft reichen ließen. Da dachte wohl jemand an heutige Kühlschränke und hatte noch nie etwas von Eiskellern im Mittelalter gehört. 😉«
Neugierig nachgefragt bei unserem Autorinnenduo Katrin von Glasow & Sylvie von Frankenberg: »Warum habt ihr euch entschlossen, euren dritten historischen Roman ausgerechnet über einen der ungerühmtesten englischen Könige zu schreiben, John Ohneland?«
»Ist es nicht erstaunlich, wie zäh sich sein negatives Image über Jahrhunderte hinweg behaupten konnte? Erst waren es die zeitgenössischen Chronisten, die auf Druck der Kirche gegen ihn schrieben, später war es der von uns so hochgeschätzte William Shakespeare. Last but not least taten die zahllosen Robin-Hood-Geschichten das ihrige dazu, König John zu verteufeln. Wir brauchten viel Wissen und Sympathie, um gegen dieses verzerrte Bild anzuschreiben. Die neuesten historischen Untersuchungen gaben uns Recht.
Unwidersprochen: Ja, John hat sicher gelogen und betrogen. Welcher König des Mittelalters hatte das nicht? Ihm fehlte nur das Glück seines älteren Bruders Richard Löwenherz, der unter den Troubadouren glühende Verehrer hatte, die für eine hervorragende PR sorgten.
Deshalb wollten wir dem von seiner Mutter Alienor ungeliebten jüngsten Sohn, Johann Ohneland, mit unserem dritten Roman endlich den Platz in der Geschichte einräumen, der ihm zusteht.«
Wir haben für euch unser Autorinnenduo Katrin von Glasow & Sylvie von Frankenberg gefragt: »Wie schreibt man eigentlich eine Romantrilogie zu zweit?«
»Die absolute Grundvoraussetzung aus unserer Sicht: Man muss dieselbe Sprache sprechen, das heißt einen ähnlichen Hintergrund haben, eine vergleichbare Bildung und vor allem gemeinsame Interessen: Bei uns war es für die PLANTAGENT-AQUITANIEN-TRILOGIE die Passion für Henry II. und seine Frau Alienor, für die Geschichte Englands und Frankreichs vor circa achthundert Jahren. Eine von uns hatte lange in London gelebt, die andere zwölf Jahre in Paris. Daraus ergab sich die grobe Aufteilung der Kapitel wie von selbst.
Ebenso wichtig für uns: Man muss zutiefst befreundet sein, das heißt sich vertrauen, um sich beim Schreiben wirklich auf das Geschehen einlassen und hineinfallen lassen zu können. Wir hatten uns darauf geeinigt, all das gesicherte Material über Henry und Alienor korrekt zu benutzen. Nur wenn die Historiker Lücken ließen, erlaubten wir uns ›hinzuzudichten‹. Ein Beispiel: Vom ersten gemeinsamen Sohn der beiden, der William hieß, sind nur Geburts- und Todesdatum bekannt. Die drei Jahre seines Lebens (1153-56) konnten wir ausschmücken. Die Gradwanderung zwischen historischem Wissen und Fantasie lässt einen leicht straucheln, ins Schwafeln geraten oder vom roten Faden abweichen. Die Texte gemeinsam zu kontrollieren und in die gewünschte Form zu bringen, setzt ein Einverständnis voraus, dem Konkurrenz und Eitelkeit fremd sind. So musste zum Beispiel auch Marie, die erfundene Zofe und Vertraute von Alienor, sterben, als sie für den Roman dramaturgisch nicht mehr vonnöten war. Sie wurde schlicht ermordet.
Für die Dramaturgie wichtige Kapitel haben wir dagegen parallel, das heißt doppelt geschrieben. Der bessere Text wurde genommen. Ganz einfach. Der andere wurde weggeworfen. Ohne Bedauern. Im Nachhinein staunen wir selber darüber, dass wir uns nicht ein einziges Mal in unserer gemeinsamen jahrelangen Arbeit an der Trilogie gestritten haben.«
Das Gespräch führte Ronja Beck aus dem dotbooks-Lektorat.
Sylvie von Frankenberg zog es nach ihrem Studium nach Frankreich. Zehn Jahre lang lebte sie in Paris und berichtete von dort für deutsche Sendeanstalten über französische Politik und Kultur.
Katrin von Glasow lebte viele Jahre in England. Sie arbeitete als Regisseurin an Filmen und Fernsehspielen mit überwiegend historischem Thema. Gemeinsam veröffentlichten die Autorinnen ihre große Plantagenet-Aquitanien-Saga mit den Romanen HENRY UND ALIENOR, DER BASTARD und DER VIERTE KÖNIG.