»Märchen gibt es in vielen Kulturen, das ist für mich etwas, was alle miteinander verbindet…«

Ein Gespräch mit unserer Autorin Kaitlyn Abington über Märchen und Mythen, die Faszination des Waldes und ihren neuen Roman MOONRISE – DAS LEUCHTEN DES WALDES.

Liebe Frau Abington, mit MOONLIGHT – EIN FLÜSTERN IN DER DUNKELHEIT haben Sie bereits große Erfolge gefeiert. Ihr neuer Roman MOONRISE – DAS LEUCHTEN DES WALDES spielt wieder in einem verwunschenen Wald – was macht die Faszination dieses Ortes aus?

Kaitlyn Abington: »Ich glaube, jeder ist vom Wald fasziniert: Nur sieht und sucht jeder etwas anderes darin und das ist gerade das Spannende. Im tiefen Wald zu sein und sich darin zu verlieren, ist doch eine menschliche Urerfahrung. Daher mag ich auch so sehr das Urtümliche an einem Wald – je wilder und unberührter, desto besser; umso mehr lockt er mich und regt meine Fantasie an. Der Wald ist für mich schon seit meiner Kindheit der Ort der Mythen, Märchen und Legenden mit all ihren verstörenden und bösen, aber auch gütigen und lichtvollen Gestalten. Das Dunkle und das Lichte finden sich im Wald so nah beieinander wie nirgendwo sonst. Und des Nachts wird der Wald auf besondere Art lebendig. In so einem Wald suchen Yo und ihre Schwester Iksa in meinem Roman nach ihrem verlorenen Bruder. Eigentlich kennen sie den Wald seit Jahren nur als Ort des Schreckens und des Todes, den man nicht betreten darf – aber obwohl die Begegnungen mit seinen oft fremdartigen Bewohnern zuweilen schaurig sind, zeigt der Wald auch noch ganz andere Seiten: überwältigend schön und einfach faszinierend. Nichts, aber auch gar nichts ist hier gewiss oder vorhersehbar, man kann viel verlieren, aber auch den wahren Schatz gewinnen.«

In MOONRISE gibt es viele Charaktere, die Ihren Lesern vage bekannt vorkommen werden – sich aber ganz unerwartet verhalten. Wie kamen Sie darauf, in ihrem Roman Figuren auftreten zu lassen, die an klassische Märchen- und Sagenfiguren erinnern??

Kaitlyn Abington: »Mein Roman spielt in einem verwunschenen Wald – und Wald und Märchen gehören für mich immer zusammen. Außerdem hat es mich gereizt, Gestalten zu erfinden, die seltsam bekannt erscheinen, bei denen man sich aber bald fragen muss: Sind sie wirklich die, die man zu kennen meint? Oft reicht ja schon ein Antippen meiner Leserinnen und Leser, das auch als Aufforderung gelten darf, die eigene Fantasie schweifen zu lassen. Die bekannten Figuren in ihrer Tarnung dürfen sie erst einmal entdecken und identifizieren: Zum Beispiel die alte Frau, die ihnen Furcht einflößt und an deren alten morschen Fenstern Iks vor lauter Hunger geknabbert hat. Wer ist sie und was hat sie für Absichten, als sie die beiden unerwartet zum Essen einlädt? Gute oder heimtückische?

Märchen gibt es in vielen Kulturen, das ist für mich etwas, was alle miteinander verbindet und es überrascht mich immer wieder, wie ähnlich viele sich sind. Sie alle spiegeln menschliche Sehnsüchte und Erfahrungen. Märchen, Legenden und Mythen ergeben zusammen eine ganz eigene großartige und spannende Geschichte, an der ständig fortgeschrieben wird und an der sich jeder beteiligen kann.«

In Ihrem Roman ringt die Hauptfigur Yo mit ihren Gefühlen: Da ist einerseits der attraktive junge Andris und andererseits der geheimnisvolle Waldbewohner Tapio – was macht den Reiz der beiden für Yo aus??

Kaitlyn Abington: »Wenn ich das bloß wüsste! Alle literarischen Figuren, das ist jedenfalls meine Erfahrung, führen, sobald man sie in die Welt gesetzt hat, ihr eigenes Leben. Sie sind meist widerspenstig und oft unbelehrbar; zumal, wenn verwirrende romantische Gefühle ins Spiel kommen: Da macht Yo gar keine Ausnahme. Als sie sich in Andris verliebt, sind die meisten ihrer Schwestern bereits verheiratet, sie ist das Nesthäkchen. Vielleicht sind es Andris’ Charme und seine Bereitschaft, für sie da zu sein, die sie zum ersten Mal Schmetterlinge im Bauch spüren lassen, vielleicht auch die Chance, die alte baufällige Burg und die Armut hinter sich zu lassen und sich mit ihm in ein neues sorgloses Leben voller Annehmlichkeiten zu stürzen. Doch dann muss sie ihren Bruder retten und ein ganz anderes, höchst gefährliches Abenteuer beginnt – bei dem sie gemeinsam mit Tapio die Geheimnisse des Waldes ergründet und sich selbst und ihre Gefühle von einer ganz neuen Seite kennenlernt …«

Das Gespräch führte Agnes Ejma aus dem dotbooks-Lektorat.

Kaitlyn Abington ist das Pseudonym einer erfolgreichen Autorin. Nach ihrem Studium der Germanistik, Pädagogik, Theologie und Kunstgeschichte hat sie unter ihrem Klarnamen mehrere erfolgreiche Krimis, historische Romane und Kinderbücher veröffentlicht.

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