„Meine Kommissare sind keine Dirty Harrys oder Rambos, sondern Menschen mit all ihren Stärken und Schwächen.“

10. Dezember 2021
dotbooks

Ein Gespräch mit unserem Autor Matthias Gereon über sein Doppelleben als Polizist und Thriller-Autor und die ebenso verstörenden wie brandaktuellen Themen seiner Thriller MÄDCHENSAMMLER und DIE EISBÄRIN.

Lieber Matthias Gereon, wie sind Sie zum Thriller-Autor geworden?

Matthias Gereon: „Der Grundstein für meine Zukunft als Autor wurde wohl schon in meiner Grundschulzeit gelegt. Diktate und kreative Aufsätze lösten bei mir keine Magenschmerzen aus, und wurden meine Arbeiten vor der Klasse vorgetragen, hatte zumindest ich immer großen Spaß dabei. Noch heute steht das Abschlussgeschenk meiner Lehrerin – natürlich ein Buch – in meinem Regal. In ihrer Widmung prophezeite sie mir, einst selbst Schriftsteller zu werden. Den Anstoß dazu hat dann tatsächlich meine hauptberufliche Arbeit als Polizist gegeben – sie ist gewissermaßen meine Muse. Irgendwann begann ich, das täglich Erlebte in meiner gedanklichen Kreativwerkstatt zu verarbeiten, und daraus entstanden meine Thriller DIE EISBÄRIN und MÄDCHENSAMMLER.

Wie viel übernehmen Sie aus Ihrer polizeilichen Arbeit in Ihre Bücher? Und gibt es Momente, in denen Sie die Polizeiarbeit plötzlich durch die Augen eines Thriller-Autors sehen?

Matthias Gereon: „Ein steter Schwerpunkt meiner Geschichten liegt in der wahrheitsgetreuen Darstellung polizeilicher Arbeit. Diese Wahrheit, die realistisch betrachtet in dem riesigen Spagat zwischen Serien wie ,Hubert & Staller‘ und ,CSI Miami‘ angesiedelt ist, möchte ich dem Leser nahebringen. Mein erster Thriller DIE EISBÄRIN handelt von Kindesmissbrauch und Sicherungsverwahrung, was tatsächlich meinen beruflichen Erfahrungen sowie immer wieder presseaktuellen Themen geschuldet ist. Mein neuer Thriller MÄDCHENSAMMLER legt den Fokus auf den innereuropäischen Menschenhandel, eines der verheerendsten Kriminalitätsfelder unserer Zeit. Umgekehrt verschärften sich meine Wahrnehmungen im täglichen Dienst, seitdem ich in meiner Freizeit Thriller schreibe – insbesondere für die Details. Ein witziger Dialog, eine ungewöhnliche Reaktion, der Zustand einer Wohnung oder ein bemerkenswerter Zufall, der mir völlig unglaubwürdig erscheinen würde, hätte ich es nicht selbst erlebt, finden so ihren Weg in meine Thriller und verleihen ihnen eine besondere Note.“

Ihr Ermittlerduo Jennifer Bergmann und Günther Klein wird in Ihren Thrillern mit menschlichen Abgründen konfrontiert. Wie ist dieses Grauen im Alltag zu bewältigen?

Matthias Gereon: „Eines haben alle polizeilichen Tätigkeitsfelder gemein: Das Wissen bei der Berufswahl, worauf man sich einlässt. Die Herausforderung besteht darin, den anfänglichen Enthusiasmus, Idealismus, Mut und die Gelassenheit über Jahre aufrechtzuerhalten. In erster Linie sind meine Kommissare Menschen mit all ihren Stärken und Schwächen und immer ein Querschnitt der Gesellschaft.

Anders als in den Medien oft dargestellt, sind reale Ermittler keine ,Dirty Harrys‘ und keine ,Rambos‘, aber auch keine trotteligen Clowns wie in Scripted-Realityshows. Zugegeben: auch Glück und Kommissar Zufall sind oft gern gesehene Gäste bei der polizeilichen Arbeit, doch wichtig sind Durchhaltevermögen und Teamwork – und das macht mein Ermittlerduo Bergmann und Klein so stark.“

Das Gespräch führte Alina Hettmann aus dem dotbooks-Lektorat.

Matthias Gereon, Jahrgang 1979, entschloss sich nach Abitur und Zivildienst für ein Studium an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung. Er ist als Beamter für das Land Nordrhein-Westfalen tätig.

Bei dotbooks veröffentlichte Matthias Gereon die Thriller „Mädchensammler“ und „Die Eisbärin“.