»Menschen kommen für kurze Zeit nach Travemünde, um dort Urlaub zu machen und bringen all ihre Geschichten und manchmal auch dunklen Geheimnisse dorthin mit.«

18. November 2022
dotbooks

Ein Gespräch mit unserer Autorin Anke Gebert über die besonders spannenden Seiten des Ferienorts an der Ostsee, die Gefahren beim Bernsteinsammeln und ihre neue Krimireihe MORD IN TRAVEMÜNDE.

Liebe Frau Gebert, Sie sind die Autorin von MORD IN TRAVEMÜNDE – was brachte Sie auf die Idee, eine Krimireihe in einem Ferienort an der Ostsee spielen zu lassen?

Anke Gebert: »Ich bin seit Jahren sehr oft in Travemünde, der hübsche Ostseeort ist bloß 80 Kilometer von meinem Zuhause in Hamburg entfernt. Auch wenn es vielleicht nicht den Eindruck erweckt, weil ich Travemünde zu einem Schauplatz von Kriminalromanen gemacht habe, ich liebe diesen Ort sehr.

Und ich kenne ihn recht gut, weil ich ihn auch immer mit den Augen einer Geschichtenerzählerin betrachtet habe. Travemünde bietet vieles, das man gut in einem Kriminalroman ansiedeln kann: einen Fährhafen, einen Kreuzfahrterminal, urige Kneipen, die Travemünder Woche, zu der jedes Jahr eine Million Besucher und auch viele Schausteller, Marktbetreiberinnen und Marktbetreiber und Künstlerinnen und Künstler kommen. Travemünde hat eine ziemlich hohe und gefährliche Steilküste. Und das tiefe Meer, das auch ein Grab (nicht nur für Seebestattungen) ist.

Menschen kommen für kurze Zeit nach Travemünde, um dort Urlaub zu machen und bringen all ihre Geschichten und manchmal auch dunklen Geheimnisse dorthin mit. Sie bleiben anonym und verschwinden bald wieder. Wunderbare Vorrausetzungen für mich als Autorin, dort Geschichten über Menschen und ihre dunklen Vorhaben zu etablieren.

Travemünde zum Schauplatz von Kriminalromanen zu machen, ist meine Liebeserklärung an diesen wunderschönen Ort an der Ostsee.«

Von der Übersetzerin zur Privatermittlerin – wie schafft Ihre Hauptfigur Nina Wagner in TÖDLICHE WELLEN diesen Karrieresprung?

Anke Gebert: »Nina Wagner wird unfreiwillig zur Ermittlerin, denn sie gerät in diesem ersten Fall der MORD IN TRAVEMÜNDE-Reihe in Verdacht, einen Mord an einer älteren Dame begangen zu haben. Um ihre Unschuld zu beweisen, beginnt sie selbst zu ermitteln. Auf juristischer Seite wird sie dabei von dem charmanten Rechtsanwalt Jan unterstützt. Sie findet dabei Gefallen an der Arbeit als Privatermittlerin, außerdem muss sie dringend Geld verdienen. Als man ihr dann später (in TÖDLICHE BRISE) das Angebot macht, während der Travemünder Woche einen berühmten Schlager-Star zu beschatten, nimmt sie den Auftrag gern an – doch der Fall entwickelt sich ganz anders als sie es zunächst erwartet, und schon bald gibt es eine Tote …«

In TÖDLICHE KÜSTE stirbt ein Kunstexperte auf spektakuläre Weise: Er verwechselt weißen Phosphor mit Bernstein, hebt ihn aus dem Wasser – und geht in Flammen auf. Wie kamen Sie darauf und wie wahrscheinlich ist ein solcher Unfall oder Mord in der Realität?

Anke Gebert: »Jedes Jahr warnen die Behörden davor, Bernstein an den Ufern von Meeren zu sammeln, denn Bernstein ist den Phosphorresten aus Brandbomben, die aus dem Zweiten Weltkrieg auf dem Meeresgrund liegen, zum Verwechseln ähnlich. Es liegen allein in der Ostsee tausende solcher Bomben, die sich mit der Zeit auflösen und deren Phosphorreste dann ans Ufer gespült werden. Immer wieder passiert es, dass Menschen schwere Verbrennungen erleiden, weil der Phosphor, den sie für Bernstein halten und aufsammeln, sich sofort entzündet, wenn er mit Sauerstoff und Wärme in Verbindung kommt. Dabei gab es leider auch schon Todesopfer. Ich habe diese furchtbare Tatsache in TÖDLICHE KÜSTE genutzt, um einen Mord wie einen Unfall aussehen zu lassen. Aber so leicht lässt Ermittlerin Nina sich nicht täuschen!«

Wie sahen Ihre Recherchearbeiten für die Krimireihe aus, waren Sie z. B. selbst auf einem der Kreuzfahrtschiffe in Travemünde?

Anke Gebert: »Ich habe jahrelang als Künstlerin auf unterschiedlichen Kreuzfahrtschiffen gearbeitet und den dortigen Gästen Lesungen und Schreibworkshops angeboten. Dabei hatte ich das große Vergnügen, die Gepflogenheiten der Passagiere und der Künstlerinnen und Künstler an Bord von Schiffen recht gut kennenzulernen.

Ich war mit Schiffen in New York, im indischen Ozean, in der Karibik, in Australien, auf dem Mittelmeer, in der Südsee und mehrmals am Nordkap unterwegs. Verrückterweise habe ich jedoch niemals mit einem Schiff in Travemünde abgelegt. Deshalb war es mir ein großes Vergnügen, es meine Heldin Nina in meinem Roman tun zu lassen.«

Das Gespräch führte Agnes Ejma aus dem dotbooks-Lektorat.

Anke Gebert studierte u.a. am Deutschen Institut für Literatur in Leipzig. Sie arbeitete in verschiedenen Berufen, bevor sie in Hamburg an der Master School Film ein Drehbuch-Studium absolvierte. Seit einigen Jahren ist sie freie Autorin von Romanen, erzählenden Sachbüchern und Drehbüchern. Sie gibt Seminare für fiktives und autobiografisches Schreiben. Für ihre Arbeiten erhielt sie diverse Preise.

Die Autorin im Internet: www.ankegebert.de