„Ohne Orgasmus wäre ich nie gekommen“ von Thea Fink

3. August 2015
dotbooks
Programmleiter Timothy Sonderhüsken

Programmleiter Timothy Sonderhüsken

Timothy Sonderhüsken, Programmleiter bei dotbooks, stellt „Ohne Orgasmus wäre ich nie gekommen“ von Thea Fink vor:

„Ihr wisst schon, dass wir euch bis ins Wohnzimmer hören können?“, fragte die Gastgeberin und schaute uns leicht tadelnd an. Dabei hatten wir es gerade so nett auf ihrem Fest: Die Stunden waren verflogen, die Gin Tonics und der Weißwein verdunstet (wir konnten das unmöglich alles getrunken haben) und nun hatten wir uns in der Küche eingeigelt. Vier Frauen, drei Männer. Und dort sprachen wir über … (An dieser Stelle lesen Sie bitte nur weiter, wenn Sie über 16 Jahren sind und kein Moralbeauftragter der katholischen Kirche.)

… über Sex. Nicht verschämt rot-ohrig oder mit einer Ich-kann-sie-alle-haben-Attitüde, sondern herrlich entspannt und voller Neugier. Es ging nicht um den Hochglanz-Sex einer Victoria’s-Secret-Modenschau. Auch nicht um seelenloses Marathon-Gerammel à la YouPorn. Wir waren sieben ganz normale Menschen zwischen 30 und 45 – und vertrauten uns an, was passieren kann, wenn es kein Drehbuch, keinen Weichzeichner und keine Geigen gibt, die im entscheidenden Moment im Hintergrund lossäuseln.

Wir erzählten uns peinliche One-Night-Stand-Erlebnisse, erinnerten uns an Glücksmomente und eher unschöne Erfahrungen. Und schließlich arbeiteten wir uns zu den großen Fragen der Menschheit vor:

„Ist Sex ohne Liebe besser als Liebe ohne Sex?“

Und: „Werde ich Falten irgendwann anziehend finden?“

Und: „Wie kann man bei BDSM ein ‚Safe-Word‘ benutzen, wenn man einen Knebelball im Mund hat?“

Wir haben viel gelacht an diesem Abend, wir teilten aber auch Momente des stillen In-uns-hinein-Horchens. Wir haben Erstaunliches über die anderen erfahren. Und als wir uns in den Morgenstunden verabschiedeten, ahnten wir: So einen Abend erlebt man nicht oft.

Fink, Ohne Orgasmus wäre ich nie gekommen 1Thea Fink war nicht auf dieser Party. Was schade ist – denn Thea Fink versteht es, auf ganz besondere Art von Sex zu erzählen: Vergnügt, unverblümt und offen, rotzfrech, dabei intelligent und immer mit diesem ganz besonderen „Ja, genau so ist es“-Effekt. Ihr Manuskript landete vor einigen Wochen eher zufällig auf meinem Tisch. Und von der ersten Zeile an war klar: Das will ich veröffentlichen! Aber wie würden meine Kolleginnen darauf reagieren? Es ist etwas anderes, leicht beschwipst auf einer Party über Sex zu sprechen als in einer Lektoratsrunde. Also habe ich einfach einen Text von Thea Fink vorgelesen. Die Kolleginnen lachten. Sie wollten mehr! Ich las weiter. Und mache das heute immer noch manchmal, auch wenn ich viele Stellen fast auswendig kenne.

Thea Fink schreibt in „Ohne Orgasmus wäre ich nie gekommen“ übrigens nicht nur über Sex. Es geht auch um Freundschaft. Um die Suche nach Liebe, die spannend und erbärmlich sein kann und manchmal beides ist. Thea Fink bekennt sich aber auch zu ihrer ambivalente Haltung zum Thema Prostitution – und stellt die Frage, ob wir nicht alle am Ende doch eine Sau sind. Sie versucht also gar nicht, es jeder Leserin und jedem Leser recht zu machen. Gerade deswegen ist es ein Genuss, ihre hemmungslosen Kolumnen zu lesen.

Darf ich Sie einladen, dies nun auch zu tun? Schämen Sie sich nicht! Lesen Sie die Texte unbedingt Ihrer Liebsten oder Ihrem Liebsten vor – oder, wenn Sie sich trauen, auf der nächsten Party. Sie werden Spaß haben. Sie werden vielleicht erstaunliche Reaktionen erleben. Und es wird Ihnen egal sein, ob man Sie im Wohnzimmer hört!