„Panikrocker küsst man nicht“ von Maria Bachmann
Susann Harring, Volontärin im Lektorat, stellt „Panikrocker küsst man nicht“ von Maria Bachmann vor:
Die besten Geschichten schreibt das Leben. Aber auch die tragischsten und verrücktesten … und die, bei denen wir uns manchmal ertappt fühlen: „Ja, genau so ist es, das hätte mir vielleicht auch passieren können …“ So ging es mir auch mit diesem Buch von Maria Bachmann, in dem es um eine große Liebe geht – und einen Mann, den Sie alle kennen.
Udo Lindenberg ist eine Legende deutscher Musikgeschichte. Mit seinen Liedern hat er stets Geschichts- und Gesellschaftskritik geübt, mit schonungslosem Klartext und ohne Zurückhaltung. Jeder kennt seine Songs, von Jung bis Alt. Mein persönliches Lieblingslied entstand noch vor meiner Geburt: HORIZONT. Die Aussage: Echte Freundschaft kann man nicht zerstören. Selbst wenn dunkle Wolken aufziehen, geht es hinter dem Horizont doch immer weiter. Während Lindenberg dieses Lied seiner langjährigen Weggefährtin Gabi Blitz widmete, die 1986 starb, denke ich dabei an meine Studienfreunde, von denen ich mich schweren Herzens verabschiedete, als ich für eine Weile ins Ausland ging. HORIZONT war unser Abschiedslied.
So wie mir geht es sicher vielen: Uns fallen Lieder von Lindenberg ein, die uns in bestimmten Situationen oder ganze Lebensabschnitte lang begleiteten. Auch die erfolgreiche Schauspielerin und Autorin Maria Bachmann wurde von Udo Lindenberg geprägt – allerdings auf ganz spezielle Art und Weise.
In ihrem Buch PANIKROCKER KÜSST MAN NICHT erzählt Maria Bachmann von der Zeit, in der sie endgültig erwachsen wurde – und ihrer bewegten, verzweifelten Liebe. Durch Zufall gerät sie in den 80er Jahren auf ein Konzert von Udo Lindenberg, möchte den Star aus nächster Nähe sehen – plötzlich winkt er sie heran, ausgerechnet sie inmitten eines Meeres aus schönen, willigen Groupies! Damit beginnt für sie eine Zeit voll von Leidenschaft, Trennung, Sehnsucht, Wut, Selbstzweifeln …
Gerhard Lotus, wie Maria Bachmann Lindenberg in ihrem Buch nennt, verkörpert für die brave Tochter die lang ersehnte Rebellion gegen die harmlose, katholische Häuslichkeit ihres Elternhauses. Der verrückte, sinnliche Mann mit dem Hut ermutigt sie, ihren eigenen Weg zu finden. Maria beginnt, die Krankenschwesterlehre zu schwänzen und sich die Nächte auf Konzerten in ganz Deutschland um die Ohren zu schlagen. Den himmelhochjauchzenden Hochphasen, in denen Gerhard nur sie will, folgen tiefe, todtraurige Abstürze, wenn er keine Zeit für sie hat, dafür aber für andere Mädchen. Selbstzweifel quälen sie, doch immer bleibt die Hoffnung, dass Gerhard zu ihr zurückkehrt.
Maria zieht aus der Provinz nach Hamburg, wo sie an der Schauspielschule angenommen wird. Erste Filmrollen und die Moderation einer Radioshow folgen. Gerhard nimmt sie mit auf Konzerte und Tourneen, auch auf sein Hotelzimmer – doch die Einzige wird sie nie sein, das begreift Maria allmählich. Doch kann sie ihm dafür böse sein? So ist er eben einfach. Maria lässt los – und lernt, endlich sie selbst zu sein. Wie? Und welche Folgen das hat? Das verrate ich Ihnen an dieser Stelle natürlich nicht …
Während und nach dem Lesen dieses Buches kam ich wieder dazu, meine liebsten Lindenberg-Lieder zu hören. HORIZONT war natürlich dabei und CELLO und REEPERBAHN. Das Erstaunliche: Plötzlich klangen die Lieder anders für mich. Ich musste daran denken, wie Maria Bachmann an ihnen mitgewirkt hat, wie sie die Lieder für Lindenberg gesungen, ihm Tipps gegeben und ihre Meinung gesagt hat.
Ohne Zweifel ist PANIKROCKER KÜSST MAN NICHT eine bewegende Lebensgeschichte. An manchen Stellen hätte ich die junge Maria gern geschüttelt und ihr gesagt, dass sie sich nicht so abhängig von einem treulosen Freidenker machen soll. An anderen Stellen hätte ich sie lieber umarmt und versichert, dass alles wieder gut wird. Und an wieder anderen Stellen hätte ich ihr gern zu so viel Einsicht, Kraft und Mut gratuliert. Denn dass jemand so beharrlich seine Träume verfolgt und vor allem auf sie vertraut, ist inspirierend und ermutigend. Niemand glaubt an dich? Egal, Hauptsache, du tust es selbst! Eine Botschaft, die ich nicht so schnell vergessen werde.