Kirsten Rick, Steffi von Wolff und Tine Wittler im Interview
Ein Gespräch mit unseren Autorinnen Tine Wittler, Steffi von Wolff und Kirsten Rick über Schubladen, Inspirationen und Champagner.
Ihr Lieben, Eure Romane werden oft in das Genre „Frauenunterhaltung“ eingeordnet – ist das eine Schublade, in der ihr euch wohl fühlt?
Kirsten Rick: „Ich persönlich fühle mich in Schubladen nur wohl, wenn sie groß genug sind und offen bleiben. Ich unterhalte gerne Frauen. Was nicht heißt, dass ich männlichen Lesern gegenüber Vorurteile habe. Einige meiner besten Freunde sind Männer. Deshalb wäre mir eigentlich ein geschlechtsneutrales Etikett lieber.“
Tine Wittler: „Ich bin in ganz vielen unterschiedlichen Genres und Medien unterwegs. Wenn mich jemand in einer einzigen Schublade verorten möchte, klettere ich raus und schreie: ‚Haaaallo! Ich bin doch längst raus aus der Schublade! Guck doch mal genau hin! Kuckuck! Hier bin ich!‘ Aber wenn ‚Frauenunterhaltung‘ heißt, dass es Bücher beziehungsweise überhaupt Werke von einer Frau sind, über die und mit der andere Frauen lachen können und eine gute Zeit dabei haben … nun, dann bin ich mit dieser Genrezuordnung einverstanden!“
Steffi von Wolff: „Ich mag das Wort ‚Frauenunterhaltung‘ überhaupt nicht. Genauso wenig wie den Begriff ‚freche Frauen‘, der früher öfter mal in den Buchhandlungen benutzt wurde. Das hört sich immer so an, als ob Frauen mit Samthandschuhen angefasst werden müssten, weil sie nicht so belastbar sind.“
Tine Wittler: „Echt, findest du?“
Steffi von Wolff: „Ja, für mich hört sich das so an. ‚Frech‘ heißt ja nicht ‚stark‘ oder ‚spannend‘, sondern hat fast etwas Kindliches, Trutschiges. Warum sollte man unsere Romane mit diesem Begriff stempeln? Einfach nur ‚Unterhaltung‘ oder ‚Unterhaltungsliteratur‘ reicht doch auch!“
Kirsten Rick: „Genau! Und dann kann jeder selber sehen, ob ihn die Farbwahl des Covers anspricht.“
Steffi, du polarisierst mit dem Humor in deinen Büchern. Ist das Absicht?
Steffi von Wolff: „Nein, das ist keine Absicht. Ich bin eben so und mag 08/15 nicht. Ich bin gerne auch mal extrem und rede nicht um den heißen Brei herum. Ich denke, damit ecke ich entweder an oder aber auch nicht! Was soll ich sagen? Ich kann nicht anders! Den einen gefällt es – den anderen nicht. Aber das ist auch ganz gut!“
Kirsten, die Figuren in deinen Romanen betrachten die Welt mit großen staunenden Augen – als wäre sie ihnen zu schnell, zu laut, zu verrückt. Geht es dir auch so?
Kirsten Rick: „Gegenfrage: Dir nicht? Ist diese Welt nicht eine völlig irre Wundertüte? Hektisch, lärmend, aufgeregt – und absolut wundervoll … wenn man sich die Zeit nimmt, genau hinzusehen und zu staunen. Gestern im Bus strahlte mich ein junger Mann an: ‚Endlich mal eine entspannte Stimmung hier. Sonst sind die Leute immer so verkrampft. Laufen alle mit grimmigen Gesichtern herum. Irgendwann finde ich noch heraus, warum. Das Leben ist doch super!‘ An der nächsten Haltestelle manövrierte er seinen Rollstuhl äußerst geschickt aus dem Bus und rollte davon. Und dann die Dinge, die man hier auf der Straße findet, was die für Geschichten erzählen. Heute: drei HVV-Fahrkarten, ein Perlenohrring, eine einzelne Schublade …“
Steffi von Wolff: „Vermutlich die, in die wir uns alle nicht stecken lassen wollen.“ (lacht)
Kirsten Rick: „Ich sehe das alles und habe sofort Geschichten dazu im Kopf. Mein Problem ist eigentlich nur: Ich kann mir das alles gar nicht merken. Es ist so viel!“
Tine Wittler: „Das kenne ich. Manchmal brauche ich mir Anekdoten und Dialoge für meine Romane einfach nur am Tresen meiner Bar ‚abzuholen‘.“
Liebe Tine, wenn wir schon mal dabei sind, interessiert mich, was anstrengender ist: eine Bar führen oder einen Roman schreiben?
Tine Wittler: „Beides ist zwar harte Arbeit, macht aber wahnsinnig viel Freude. Und: Die beiden Bereiche befruchten sich prima. Meine kleine parallelwe.lt ist nicht nur Café und Bar, sondern auch so eine Art kleines Kulturzentrum. Hier gibt es Lesungen, Konzerte, Filme – so komme ich mit vielen anderen Künstlern in Kontakt, und das inspiriert mich sehr.“
Bleiben wir mal beim Thema Bar: Wenn ihr vor die Wahl gestellt würdest, nie wieder Champagner trinken zu dürfen oder nie wieder ein Buch zu schreiben – für was würdet ihr euch entscheiden?
Steffi von Wolff: „Man mag es nicht glauben, aber ich vertrage keinen Champagner. Davon bekomme ich Kopfschmerzen. Ich bin der klassische Wein-Trinker. Ohne Kohlensäure und so. Insofern müsste die Frage anders gestellt werden. Dann natürlich würde ich antworten: Nie wieder ein Buch zu schreiben …“ (lacht)
Kirsten Rick: „Wenn du mich fragen würdest, ob ich auf Ostfriesentee verzichten könnte … ich weiß nicht, was ich dann antworten würde. Nie wieder Champagner wäre für mich überhaupt kein Problem. Das Gefühl, ein Buch zu schreiben, ist schon ziemlich einzigartig und unvergleichbar. Und macht auch ganz schön beschwipst. Die Gemeinsamkeit: Man sondert manchmal Sätze ab, die einem im direkten Rausch ungeheuer geistreich vorkommen, es später aber leider nicht sind. Da kommt es dann auf gute Gesellschaft an, damit kein Kater folgt.“
Tine, wie ist es mit dir – gegen was würdest du dich entscheiden?
Tine Wittler: „Auf jeden Fall gegen den Champagner. Ich bin nicht so für Champagner. Ich bevorzuge Gin Tonic, das konserviert. Und deswegen sollten wir jetzt sofort einen bestellen.“ (lacht)