Sabine Neuffer über zwei ungewöhnliche Geschenke

21. Mai 2015
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Sabine Neuffer (c) privat

Es war ein sonniger Herbstabend, an dem mir die Idee zu STOLZ UND STOLPERSTEINE regelrecht zuflog.

Ich hatte einen aufwühlenden Tag hinter mir, denn mein knapp achtzigjähriger Vater, der an einer mal mehr, mal weniger heftigen Demenz litt, hatte zum ersten Mal in seinem Leben das Bedürfnis gehabt, seine Kinder – die aus der ersten und die aus der zweiten Ehe – alle auf einmal um sich zu versammeln, was bis dahin nie vorgekommen war. Ich kannte meine Stiefgeschwister nicht einmal!

Als wir fünf Kinder – alle im fortgeschrittenen Erwachsenenalter – dann meinem Vater gegenübersaßen, sprach er ziemlich zusammenhanglos über sein Testament, man merkte deutlich, dass er an diesem Tag ganz besonders aus der Zeit gefallen war.

Doch plötzlich fiel glasklar und sehr gewichtig der Satz: „Und dann müssen wir natürlich auch noch an Klara denken.“ Wir sahen einander überrascht an, denn niemand von uns hatte diesen Namen je gehört. Wir fragten nach: „Wer ist Klara?“ Mein Vater wich unseren Blicken aus.

Später, als wir unter uns waren, begann natürlich das große Rätselraten. War sie eine Geliebte? Ein uneheliches Kind? Oder – weniger spannend – nur eine treue Mitarbeiterin, die er bedenken wollte?

Wir haben das Rätsel nie gelöst.

Aber ich sah an jenem Abend, noch während der Rückfahrt auf der Autobahn, die erste Szene des Romans vor mir, als Anja am Krankenbett ihres Vaters sitzt und er die ominösen Worte ausstößt: „Gebt Ulrike …“

Und dann fielen mir die Ideen nur so zu – das ist ein wunderbares Geschenk beim Schreiben, wenn die Geschichte einfach plötzlich da ist und nicht erst „errungen“ werden muss.

Und das zweite Geschenk?

Das habe ich erst später begriffen: Meine Stiefschwester Petra, die ich an jenem Herbsttag kennengelernt habe, ist zu einer sehr vertrauten Freundin geworden.

Da hat dann mal das Leben die Fiktion nachgeahmt.

 

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