»Sie weiß, was sie will und wie sie es bekommt – im Konferenzraum und im Schlafzimmer!«

23. Oktober 2020
dotbooks

Ein Gespräch mit der Autorin Mariah Greene über Inspirationen, den Kauf ihres ersten Vibrators und ihre erotischen Romane.

Liebe Mariah Greene, viele erfolgreiche erotische Liebesromane folgen auch heute noch dem alten »Aschenputtel«-Schema: Das arme, aber herzensgute Mädchen wartet auf einen Prinzen, um verführt und glücklich zu werden. In Ihren Büchern gibt es stattdessen starke Heldinnen, die sich nehmen, was sie wollen – warum?

Mariah Greene: »Ich habe absolut nichts gegen Märchen. Aber mich fasziniert nicht das Machtgefälle zwischen dem starken Helden und der hilfsbedürftigen Frau, sondern das, was diese Geschichten noch zu bieten haben – Gut gegen Böse, die Entwicklung der Figuren und die Frage, wer am Ende warum gewinnt. Wenn Leserinnen und Leser immer noch am Aschenputtel hängen, dann gibt es da draußen tatsächlich schon sehr viele Geschichten, die genau diesen Wunsch erfüllen. Ich hingegen halte nichts von dem ungeschriebenen Gesetz, dass die Helden wagemutige Männer sein müssen und die Frauen am besten noch Jungfrau. Das Vergnügen daran, erotische Romane zu schreiben, liegt für mich unter anderem darin, mit bekannten Motiven zu spielen, ohne die Figuren in die klassischen Schemata zu pressen, was angeblich ›maskulin‹ oder ›feminin‹ ist. Das erlaubt mir, in meinen Geschichten viel freier die vielen verschiedenen Ebenen von Liebe, Sex und Begehren zu erforschen.«

Was gefällt Ihnen am besten an Andrea King, der Hauptfigur von THE AGENCY?

Mariah Greene: »Andrea ist vermutlich die provokanteste meiner Frauenfiguren. Sie hat sich ihre Karriere in einem Umfeld aufgebaut, das sehr männlich dominierten ist und in dem viel zu viel Testosteron im Spiel ist. Mir gefällt, wie sie mit den Männern konkurriert, das aber immer zu ihren eigenen Bedingungen tut. Es ist ziemlich originell und wagemutig, wie sie ihre beruflichen Ziele verfolgt: Andrea hat einen ausgeprägten Geschäftssinn, vor allem Dingen aber auch genaue Vorstellungen davon, was ihr auf die eine wie die andere Art Vergnügen bereitet. Sie weiß, was sie will und wie sie es bekommt – egal, ob es im Konferenzraum oder im Schlafzimmer ist. Und deswegen war es ein großes Vergnügen, über sie zu schreiben.«

In Ihrem Roman THE OFFICE verliebt sich Ihre Hauptfigur Emma Fox in einen deutlich jüngeren Mann – dabei ist der romantische Held in vielen erotischen Liebesgeschichten älter und erfahrener als die Frau. Was hat Sie dazu inspiriert?

Mariah Greene: »Wenn wir Emma zum ersten Mal begegnen, ist sie bereits eine erfolgreiche Persönlichkeit. Sie muss sich nicht mehr mit den vielen Herausforderungen herumschlagen, gegen die Frauen heute immer noch allzu oft ankämpfen müssen. Ich wollte darüber schreiben, wie es ist, wenn jemand, der eigentlich alles erreicht zu haben scheint – und dabei die ein oder andere Verletzung mitgenommen hat –, sich neu erfindet und nach Inspirationen sucht. Das ist für Emma zum einen der Job, den sie undercover antritt, und dann natürlich Matthew. Es geht nicht nur darum, dass er ein jüngerer Mann ist, zu dem sie sich körperlich hingezogen fühlt: Andrea sucht eine tiefere Verbindung zu jemandem, der noch nicht so festgefahren ist in den Rollen, in denen Männer heute oft gefangen sind, und sie genießt es auch, für ihn in vielerlei Hinsicht eine Mentorin zu sein. Wenn Sie meinen Roman gelesen haben, dann wissen sie, dass Matthew wirklich eine Menge von Andrea lernt … in vielerlei Hinsicht.«

In THE GARDEN hat Ihre Hauptfigur Karen Taylor die großartige Idee, in einem Luxuskaufhaus eine spezielle Abteilung einzurichten, in der nur Frauen Zutritt haben, um dort ungestört und in sinnlicher Atmosphäre Unterwäsche und erotisches Spielzeug kaufen zu können. Glauben Sie, dass dies auch im wirklichen Leben ein Erfolg werden könnte?

Mariah Greene: »Auf jeden Fall! Hier in London gibt es bereits Kaufhäuser, die so etwas anbieten, wenn auch nicht in der Konsequenz wie in meinem Roman. Aber es verändert sich immer mehr zugunsten von Frauen. Wussten Sie, dass das Traditionshaus Harvey Nichols im September 2018 sogar für vier Wochen offiziell zu Holly Nichols wurde? Ich finde, dass das alles tolle Ideen sind, nicht nur für Frauen, die besondere Accessoires kaufen wollen. Natürlich kann es ein Vergnügen sein, gemeinsam mit einem Mann Dessous auszusuchen, aber als ich mir meinen ersten Vibrator angesehen habe, war ich doch froh, es an einem Ort tun zu können, an dem ich mich nicht von Männern beobachtet fühlen musste … Karen geht in THE GARDEN natürlich noch einen Schritt weiter. Sie ist bereit, für ihren Traum Grenzen zu überschreiten, ihre eigenen und die der Männer, denen sie begegnet. Vielleicht wird es eines Tages tatsächlich so eine Abteilung, wie Karen sie in meinem Roman durchsetzt, in einem Kaufhaus geben – ich freue mich jetzt schon auf einen Besuch.«

Sie sind eigentlich eine Autorin, die im Spannungsgenre zuhause ist, und schreiben unser dem Pseudonym Mariah Greene erotische Liebesromane. Was reizt sie daran?

Mariah Greene: »Ich finde es sehr befreiend, erotische Geschichten zu schreiben – es ist für mich eine Möglichkeit, den normalen Alltag hinter mir zu lassen. Schließlich fühlen sich die Leserinnen und Leser meiner erotischen Liebesromane noch viel intensiver in die Figuren und Geschichten ein als in meinen anderen Büchern, und das macht das Schreiben für mich zu einer durchaus sinnlichen Erfahrung. Wer meine Romane liest, will sich inspirieren lassen und ein bisschen Spaß haben … und das haben wir schließlich alle verdient, oder?«

Das Gespräch führte Timothy Sonderhüsken, Programmleiter dotbooks.

Mariah Greene ist das Pseudonym einer bekannten britischen Autorin, die eigentlich für ihre Spannungsromane berühmt ist – und es genießt, in ihren Hot-Romance-Romanen eine ganz andere Seite ihrer Kreativität auszuleben. Bei dotbooks erschienen ihre prickelnden Lese-Highlights »The Agency – Verbotene Küsse«, »The Office – Brennende Leidenschaft« und »The Garden – Gefährliches Verlangen«.