Silke Schütze, Autorin von „Herr Hasemann auf Wolke 7“

7. Juli 2014
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„Liebe muss nicht jung bleiben“

Ein Gespräch mit Silke Schütze über die Freuden des Alters, perfekte Paarbeziehungen und ihren neuen Roman HERR HASEMANN AUF WOLKE 7.

Liebe Silke Schütze: Deine Romanfigur Frau Hasemann hatte eine wild-bewegte Jugend – inzwischen ist sie eher konservativ. Glaubst Du, dass das der ganz normale Weg des „Erwachsenwerdens“ ist?“

Silke Schütze: „Ich glaube, dass sich die Kriterien für ‚wild-bewegt‘ im Laufe des Lebens ändern. Alles hat seine Zeit, heißt es schon in der Bibel. Es gibt eine Zeit, in der man als Groupie Popstars verführen möchte und sich bei preisgünstigem Alkohol auf Partys die Nächte um die Ohren haut. Es gibt aber auch eine Zeit, in der man sich mit freut, im Morgenlicht seine Joggingrunden im Park zu drehen. Wäre doch schlimm, wenn man nicht sehr, sehr viel erleben würde. Und immer Neues!

Ich weiß nicht, ob Erwachsensein ausschließt, dass man ‚wild-bewegt‘ ist. Das klingt, als ob Erwachsenwerden grundsätzlich langweiliger und statisch ist. Da kann ich nicht zustimmen. Älter zu werden ist nicht nur der Verlust von Jugend: Es ist ein unglaublicher Gewinn an Lebensfreude. Ich finde Menschen, die heute im Arbeitsleben stehen und ihren Alltag bewältigen, sind auf ihre Weise genauso ‚wild-bewegt‘. Nur haben sie wahrscheinlich nicht so häufig einen Kater …

Ich habe gerade einen Artikel über eine 91jährige gelesen, die täglich Tango tanzt und beim Yoga auf den freihändigen Handstand hinarbeitet. Mit 91! So wild bewegt möchte ich auch werden!“

HERR HASEMANN AUF WOLKE 7 hat eigentlich ein sehr ernstes Thema – eine Frau glaubt, ihr Mann betrügt sie. Warum hast Du eine beschwingte Komödie daraus gemacht?

Silke Schütze: „Das habe nicht wirklich ich gemacht: Das liegt an den handelnden Figuren.Schuetze-Herr_Hasemann_auf_Wolke_7-300dpi

Frau Hasemann und Herr Hasemann lieben einander aufrichtig. Das ist ihre große Qualität. Frau Hasemann ist ein wenig angefasst, wenn ihr Gerd zum Geburtstag statt roter Rosen eine Knoblauchpresse schenkt. Und Gerd versteht nicht, dass sein ‚Hasenpieps‘ (wie er seine Frau nennt) ihm so gar keine romantischen Gefühle zutraut. Aber ganz tief in sich wissen beide, wie großartig es ist, dass sie sich gefunden haben. Und dass es sich lohnt, gemeinsam weiterzumachen. Wie die TOTEN HOSEN, die haben auch immer weitergemacht. Zusammenbleiben – das ist ein Erfolgsmodell. Und im Falle Hasemann noch dazu ein lustiges!

Es ist wie im richtigen Leben: Komik ist Tragik plus Zeit. Das heißt, dass man etwas irre komisch finden kann, was einige Zeit her ist. Wenn man mitten drin steckt, erkennt man die Komik der Katastrophe aber häufig noch nicht.

Bei den Hasemanns steckt daher selbst im größten Desaster immer noch ein Hoffnungsschimmer, die haben so ein Happy-End-Gen. Und man kann einfach herrlich mit (und manchmal auch über) Frau Hasemann lachen. Deswegen konnte HERR HASEMANN AUF WOLKE 7 nur eine Komödie werden. Selbst, wenn ich es anders gewollt hätte.“

Frau Hasemann ist eine Figur, die man als Leser abwechselnd vergnügt in den Arm nehmen, dann aber auch wieder schütteln möchte. Was magst Du an ihr?

Silke Schütze: „Mir gefallen Nervensägen grundsätzlich besser! Geschichten, in denen sich alle immer prima verstehen und nett zueinander sind, erzählt man doch nicht. Action gibt es immer nur durch Konflikt – und das lohnt sich zu erzählen!

Josefine Hasemann überrascht immer wieder. Sie hat einen irrsinnigen Dickkopf, gepaart mit einem Herzen aus Gold. Eine tolle Kombination. Und vor allem: Es wird nicht langweilig mit ihr – und das schätzt auch Gerd Hasemann an seinem ‚Hasenpieps‘. Außerdem ist sie immer bereit, ihre Vorurteile (und davon hat sie eine Menge) über Bord zu werfen und etwas ganz anderes zu tun. Sie verfügt über Selbstironie und Einsicht – toll. Sie ist sehr liebevoll. Außerdem kocht sie gut. Kurz gesagt, Frau Hasemann ist eine Frau zum Heiraten, deswegen hat Gerd es ja auch getan. Und es ist eine Frau, über die man gerne schreibt. Deswegen habe ich es nun schon zum zweiten – und sicher nicht letzten – Mal getan.“

Nun haben wir schon viel über Frau Hasemann und ihren Gatten gesprochen – aber da gibt es ja auch noch ihre gemeinsame Tochter Julia, die in beiden Hasemann-Geschichten eine wichtige Rolle spielt. Ist Julia eine Tochter, wie man sie sich als Mutter wünschen kann?

Silke Schütze: „Julia ist für Frau Hansemann die absolut perfekte Tochter. Denn 1. ist die perfekte Tochter natürlich immer die eigene und 2. macht sich Julia auf sehr liebevolle Weise ernste Gedanken über ihre Eltern. Die fallen ihr zwar manchmal mächtig auf die Nerven … aber sie liebt sie wie verrückt, was sie auch immer wieder zeigt. Das ist ja das Besondere bei den Hansemanns: Sie lieben einander aus tiefstem Herzen. Das ist doch perfekt!“

Liebe ist toll, aber der Alltag kann ein ganz schöner Romantikkiller sein. Was ist Dein Ratschlag für’s echte Leben: Wie bleibt die eigene Liebe jung?

Silke Schütze: „Die eigene Liebe bleibt glücklicherweise gar nicht jung. Das ist ein dummes Klischee.

Junge Liebe wird häufig von viel (unnützer) Aufregung und (unberechtigter) Eifersucht und allgemeiner Unruhe begleitet. Ich bin froh, dass sich echte Liebe entwickelt, verändert, mit einem wächst – und ja, auch älter wird.

Die Fragen sollte besser lauten: Wie bleibt die eigene Liebe LEBENDIG? Man sollt sich meiner Meinung nach ab und an daran erinnern, weswegen man sich in den anderen verliebt hat. Und versuchen, sich selbst mit den Augen seines Gegenübers zu sehen. Würde er sich heute noch einmal in mich verlieben? Und was kann man selbst dazu beitragen?

Liebe muss gut behandelt werden, man darf sie nicht für selbstverständlich nehmen und man sollte sie nicht mit Mythen aus der Unterhaltungsindustrie verwechseln. Wer glaubt, dass Liebe sich so anfühlen muss, wie man das im Kino oder

Fernsehen sieht, der will eben Liebe wie im Kino, aber keine echte. Die eigene Liebe ist so persönlich wie der eigene Fingerabdruck. Man muss sie so respektieren, wie sie ist – und wenn Sie in Ihrer Beziehung, wie die Hasemanns, einen Streichelzoo als den Höhepunkt der Romantik empfinden: NUR ZU!“

Vielen Dank für das Interview, liebe Silke Schütze!