Sonja Rüther im Interview
„Schockeffekte sind ein Stilmittel!“
Ein Gespräch mit Sonja Rüther über Geschichten, die unter die Haut gehen, und ihre neue Anthologie AUS DUNKLEN FEDERN 2.
Deine Anthologie AUS DUNKLEN FEDERN 2 verspricht Horror vom Feinsten – ist das nur etwas für Menschen, die ein Faible für Mord und Totschlag haben?
Sonja Rüther: „Horror wird so unterschiedlich definiert. Für die einen ist es Horror, wenn eine Spinne über den Nacken der Protagonistin krabbelt, für andere muss Blut in rauen Mengen fließen. Ich habe den Autorinnen und Autoren wie Hanka Jobke, Markus Heitz und Thomas Finn mit Absicht nur das Genre vorgegeben, damit sich viele Facetten des Horrors zu einem Gesamtbild zusammenfügen. So ist auch für jeden Geschmack etwas dabei.“
Und welchen „Härtegrad“ magst Du persönlich am liebsten?
Sonja Rüther: „Ich mag es, wenn mir Geschichten unter die Haut gehen. Vom Schocker bis zum Psychohorror kann mich alles begeistern, wenn es gut durchdacht ist und die Figuren mich in die Handlungen reißen. Brutalität und Schockeffekte sind dabei als Stilmittel zu betrachten, die wohldosiert eingesetzt werden sollten. Damit meine ich: Die Handlung gibt den Härtegrad vor, nicht die Motivation, möglichst krass zu schreiben. Es ist spannend, wie die einzelnen Beiträger mit dieser Herausforderung umgehen, und zu sehen, dass ein Bestsellerautor wie Kai Meyer natürlich ganz anders an eine Geschichte herangeht als ein relativer Newcomer wie Thomas Lisowsky. Auch dadurch zeigt AUS DUNKLEN FEDERN 2 so unterschiedliche Spielarten des Horror-Genres.“
Wer eine Anthologie zusammenstellt, muss viele Autoren betreuen und starke Nerven haben – was macht Dir besonders Spaß an den DUNKLE-FEDER-Büchern?
Sonja Rüther: „Ich gestehe, dass ich eine ausgeprägte Vorliebe für die Zusammenarbeit mit Profis habe, und bislang hatte ich großes Glück mit den eingeladenen Autorinnen und Autoren. Da jeder Horror auf seine ganz eigene Weise interpretieren kann, freue ich mich jedes Mal diebisch, was auf meinem Tisch landet. Nach dem Erfolg des ersten Buchs gibt es in DUNKLE FEDERN 2 ein Wiedersehen zum Beispiel mit Boris Koch und Markus Heitz, aber es sind auch ganz neue Stimmen dabei wie die von Stefan Chernohuby oder Nicole Zöllner. Die Leser profitieren von der Vielseitigkeit, von dem Spaß, neue Autoren zu entdecken oder bekannte Autoren in anderer Form kennenzulernen. Kurzgeschichten sind ganz anders als Romane, manche behaupten, sie seien die Stiefkinder der Literatur. Ich finde, sie stoßen ganz andere Türen im Kopf auf, weswegen ich ein großer Fan dieser Kunst bin.“