SPÄTE RACHE von Henrike Heiland

28. Juni 2021
dotbooks

vorgestellt von Timothy Sonderhüsken, Programmleiter

Als die Verlegerin mir neulich mitteilte »Du bist eben keine Krimi-Mimi«, musste ich lachen – zum einen, weil ich sofort den alten Schlager im Ohr hatte, zum anderen, weil es stimmt: Wenn ich entspannen will, dann greife ich zu einer romantischen Komödie.

Aber natürlich gibt es auch die ganz besonderen Spannungstitel, die den Sprung von meiner beruflichen auf die private Leseliste schaffen – und im Moment begeistert mich ganz besonders die Rostock-Trilogie von Henrike Heiland. Diese Krimis sind eindeutig nicht heiter wie »Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett« … aber trotz aller Härte, trotz aller Abgründigkeit und aller ungeahnten Wendungen kann man zwischen den Zeilen doch auch das leise Lächeln der Autorin erahnen.

In SPÄTE RACHE, DUNKLE SPUR und ALTE SÜNDEN wirft sie das ungleiche Ermittlerduo Kemper und Wahlberg in Fälle, die zunächst ganz eindeutig wirken: Eine Kindergärtnerin scheint für eine Fahrlässigkeit mit dem Leben bezahlt zu haben, ein Drogendealer wird zum Opfer seiner Konkurrenz, ein ehemaliger Widerstandskämpfer stirbt fast durch die Bombe eines Neonazis.

Ich verrate an dieser Stelle nicht zu viel, wenn ich sage, dass es so einfach natürlich nicht ist – denn Henrike Heiland konstruiert ihre Kriminalromane so clever wie eine der perfekt durchorchestrierten Spannungsserie auf Netflix. Sie verwebt Gegenwart und Vergangenheit, täuscht ihr Ermittlerteam (und manchmal auch uns Lesende) und zeichnet noch dazu ein fesselndes Gesellschaftsporträt, dem Kemper und Wahlberg eine ganz besondere Färbung geben: auf der einen Seite der Ermittler alter Schule, den nur Fakten überzeugen können, auf der anderen die junge Kriminalpsychologin, deren empathische Gabe, sich in Menschen und Situationen hineinversetzen zu können, gleichermaßen Fluch und Segen ist.

SPÄTE RACHE, DUNKLE SPUR und ALTE SÜNDEN sind die Debüts einer vielfach preisgekrönten Spannungsautorin, die inzwischen unter einem bekannten Pseudonym veröffentlicht und vom Feuilleton und von Lesenden gefeiert wird. (Wenn Sie neugierig sind, welchen Namen Henrike Heiland inzwischen angenommen hat, gehen Sie doch einfach auf Spurensuche beim eBook-Händler Ihres Vertrauens …) Das, was heute ihren großen Erfolg ausmacht, zeigt sich bereits in der Rostock-Trilogie: ihre sehr genaue Beobachtungsgabe, der virtuose Spannungsaufbau, die Begeisterung für Figuren, die alles andere sind als stromlinienförmig, und ihr ganz eigener, sanft ironischer Blick auf die Dinge.

»Ich will schlafen – doch die Mimi will lesen!«, lamentiert Bill Ramsey in seinem eingangs erwähnten Lied und flüchtet sich schließlich in eine Bar: »Mimi hat den Krimi und die Interpol – und ich den Alkohol.« Nun, hier verbinde ich gerne das eine mit dem anderen: Wenn Sie SPÄTE RACHE gelesen haben, stellen Sie sich bitte vor, wir stoßen mit einem trockenen Martini auf Henrike Heiland an … und auf eine Krimi-Trilogie, die Sie sicher so begeistern wird wie mich.

Lesetipp der Woche:

SPÄTE RACHE von Henrike Heiland

vorgestellt von Timothy Sonderhüsken, Programmleiter