»Sulzbach ist in vieler Hinsicht ein idealer Schauplatz, nicht nur für Krimis.«
Ein Gespräch mit unserer Autorin Helen Endemann über lange Schatten im Taunus, Ermittler wider Willen und ihren Kriminalroman SOMMERGROLLEN.
Liebe Helen Endemann, in Ihrem packenden Taunus-Krimi SOMMERGROLLEN entführen Sie uns in eine kleine hessische Gemeinde, in der nichts ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Was hat Sie zu der Geschichte inspiriert?
Helen Endemann: »Das war ganz klar das Leben im Pfarrhaus in Sulzbach. Mein Mann war dort Pfarrer, und hier wir wohnten wir mit unseren drei kleinen Kindern in einem riesigen Pfarrhaus von 1891. Allein das Haus war eine Quelle der Inspiration. Es hat einen riesigen, nur teilweise ausgebauten Dachstuhl. Im Kellergewölbe gab es einen Luftschutzraum. Und ich bin mir heute noch sicher, dass irgendwo im Keller ein Geheimgang existiert, der zur Kirche oder hin zum alten Friedhof führt, den nur die historische Stadtmauer von unserem Garten trennte … All diese Orte bergen tiefe Schatten – genau wie auch das Sulzbach in meinen Geschichten. Ich konnte also gar nicht anders, als die Gemeinde zur Kulisse meiner Taunus-Krimis zu machen.«
Dorfromane erfreuen sich in der letzten Zeit immer größerer Beliebtheit. Was hat Sulzbach für Sie zum perfekten Krimi-Schauplatz gemacht?
Helen Endemann: »Sulzbach ist in vieler Hinsicht ein idealer Schauplatz, nicht nur für Krimis. Es hat eine malerische historische Dorfmitte bestehend aus der Kirche, von der die Grundmauern des Turms noch aus dem 12. Jahrhundert stammen, dem Pfarrhaus, einem Dorfbrunnen, dem ehemaligen Schulhaus mit Biergarten unter der Linde, und dem Friedhof. Und natürlich darf der ›Stichel‹ nicht unerwähnt bleiben, ein Hohlweg an der historischen Stadtmauer entlang, der in TOTENKLAGE, dem dritten Band meiner Reihe um den Dorfpfarrer Henry, unheimlicher Schauplatz eines Verbrechens wird. In Sulzbach kennt noch jeder jeden und es haben die Kirchengemeinden, die Vereine, die Bauern und die Landfrauen das Sagen. Der Streit um die Kirchenpacht in SOMMERGROLLEN ist von einer wahren Begebenheit inspiriert. Dort sollte zwar keine Megadisco entstehen, wie in der Geschichte, dafür aber ein großer LKW-Rastplatz.
Hervorzuheben ist außerdem noch die einzigartige Lage von Sulzbach: Frankfurt am Main mit all seinen unterschiedlichen Facetten, seinen Problemen und der Kriminalität einer Großstadt, ist nur zwölf Kilometer entfernt. Und dann bin ich ja noch nicht einmal auf den Taunus mit seinen Gipfeln, dem Feldberg und dem Altkönig, seinen Villen und schmucken Ortschaften und Ausflugszielen zu sprechen gekommen! Da kann man aus dem Vollen schöpfen. Wie die Kult-TV-Serie ›Ein Fall für zwei‹ das ja viele Jahre erfolgreich getan hat.«
Ihr fesselnder Regio-Krimi SOMMERGROLLEN ist im beschaulichen Sulzbach im Taunus angesiedelt – und zeigt uns die dunklen Seiten der Kirchengemeinde. Wie gestaltete sich die Recherche vor Ort?
Helen Endemann: »Am besten schreibt es sich ja über Dinge, die man gut kennt. Ich wollte von den Pfarrhaus-Erlebnissen meiner Familie eine fesselnde Geschichte erzählen, die den Geist der Kirchengemeinde einfängt und gleichzeitig so aufregend ist wie ein guter Samstagabendkrimi. Damit stand die Entscheidung, einen Kriminalroman zu schreiben, eigentlich schon fest. Und mit dieser Entscheidung im Kopf war auf einmal alles ein möglicher Krimischauplatz: das Arboretum, in dem ich mindestens zweimal pro Woche Joggen ging, das Bad Sodener Krankenhaus, in dem die Figuren Graf und Lucy arbeiten, und meine jüngste Tochter zur Welt kam, oder das Main-Taunus-Zentrum, in dem Florentine ihre geheimnisvolle Verabredung hat, um nur einige zu nennen. Natürlich habe ich mir von den ›alten Sulzbachern‹ auch viele Geschichten erzählen lassen, zum Beispiel über das anscheinend sehr vergnügliche Glockenläuten der Konfirmanden – ein wichtiges Motiv im dritten Band der Taunus-Reihe, TOTENKLAGE. Und sie haben mir beim Schreiben mancher Dialoge auf Hessisch geholfen, was ich mich selbst als geborene Frankfurterin ohne meine Sulzbacher Sprachexperten nicht getraut hätte.«
Ihr Kriminalroman SOMMERGROLLEN, der Auftakt Ihrer Reihe von Taunus-Krimis, besticht durch seinen besonderen Ermittler – den Dorfpfarrer Henry. Wie sind Sie zu der Figur gekommen? Und warum ist gerade Henry der Ermittler, den die Gemeinde braucht?
Helen Endemann: »Henry hat viel von meinem Mann. Er hat immer ein Ohr für die Nöte seiner Gemeindeglieder, möchte aber auch für seine Familie da sein. Er muss sich hin und wieder abgrenzen gegen übergriffige Zeitgenossen, und die Bürokratie der Kirchenverwaltung bekämpfen. Henry ist ein Ermittler wider Willen. Er mag keine Konflikte. Er möchte nichts mit Verbrechern zu tun haben. Aber wenn etwas faul ist in seiner Kirchengemeinde und gar seine Gemeindeglieder in Gefahr geraten, dann kann er sich nicht raushalten. Dann muss er der Sache auf den Grund gehen. Und Henry ermittelt ja nicht allein. Sein Freund Paul, der Dorfpolizist, geht Henry mitunter mächtig auf die Nerven, weil er Henry immer gerne zu Rate zieht. Denn wer bekommt mehr intime Details erzählt als der Pfarrer und wer kennt seine Schäfchen besser als Henry?«
Das Gespräch führte Frederik Bahr aus dem dotbooks-Lektorat.
Helen Endemann, geboren 1970 in Frankfurt am Main, studierte Jura in Passau, Helsinki und Heidelberg. Sie war 20 Jahre für verschiedene Unternehmen im Deutsche Bahn Konzern tätig, arbeitete als Rechtsanwältin und ist heute Personalleiterin im besten Frankfurter Krankenhaus der Welt. Ihr erstes Buch erschien 2013. Sie ist Mutter von drei Kindern und mit einem evangelischen Pfarrer verheiratet.
Die Website der Autorin: www.helenendemann.jimdofree.com
Die Autorin bei Facebook: www.facebook.com/Helen.Endemann
Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihre Krimi-Reihe rund um den Sulzbacher Pfarrer Henry: »Sommergrollen«, »Sterbeläuten« und »Totenklage«.
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