Susanna Calaverno – im indiskreten Interview
„Seide auf nackter Haut ist ein unvergleichliches Gefühl.“
Ein Gespräch mit Susanna Calaverno über Sinnesfreuden, diszipliniertes Schreiben und ihre erotischen Romane, die sie bei dotbooks und venusbooks veröffentlicht.
Liebe Susanna Calaverno, was reizt Sie daran, erotische Romane zu schreiben?
Susanna Calaverno: „Dazu muss ich vorausschicken, dass ich zu schreiben begann, als der Markt gerade mit amerikanischen ‚Erotik‘-Romanen überschwemmt wurde. Die fand ich alles andere als anregend – eher das Gegenteil. Ich dachte, es muss doch möglich sein, Erotik so zu verpacken, dass es auch ein Lesevergnügen ist. Und so habe ich einige Richtungen ausprobiert – von den leichten, ‚fluffigen‘ Geschichten wie FANTASIEN IN SAMT UND SEIDE bis zum Krimi.“
Und in welchem Bereich fühlen Sie sich als Autorin am wohlsten?
Susanna Calaverno: „Ich finde, Erotik passt in jedes Genre für Erwachsene – und es reizte mich, das auszuprobieren. Ich experimentiere auch gerne mit der Ausrichtung der Erotik, von zarten Fantasien bis zu Sadomaso.“
Experimentieren ist ein gutes Stichwort: Ihre Romane HUNGRIG AUF LUST und FANTASIEN IN SAMT UND SEIDE erzählen von Frauen, die bisher eher ein Mauerblümchenleben geführt haben – und dann ihr sinnliches Erwachen erleben. Wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach, sich sexuell zu entfalten?
Susanna Calaverno: „Seine Sinnlichkeit zu unterdrücken halte ich für eine schreckliche Verschwendung. Und damit meine ich nicht nur die Sexualität und Erotik. Wirkliche Sinnlichkeit beschränkt sich ja nicht auf Sex: Düfte, Farben, Texturen, Aromen – all das spricht ebenfalls unsere Sinne an und sollte bewusst genossen werden. Natürlich ist die Ausprägung bei jedem Menschen unterschiedlich. Der eine ist etwas offener und freizügiger, der andere verschlossener. Beides hat seine Berechtigung. Ich finde aber, dass man das, was einem von der Natur mitgegeben wurde, schätzen und sich daran erfreuen erfreuen sollte. Dabei möchte ich die Betonung auf ‚erfreuen‘ legen – was alle Formen von nicht einvernehmlichem Sex ausschließt.“
Worauf spielen Sie an?
Susanne Calaverno: „Sex und Gewalt können – im Rahmen eines Rollenspiels, im Bereich SM, in der Fantasie – eine spannende Kombination sein, und diese bediene ich in meinen Romanen auch. Vergewaltigungen oder ähnliche Szenarien, wie sie sich bei manchen Lesern einer unschönen Beliebtheit erfreuen, lehne ich dagegen komplett ab. Meine Bücher sollen auf lustvolle Art inspirieren, nicht etwas propagieren, bei dem ein Mensch gegen seinen Willen zu etwas gezwungen wird. Das hat nichts mit Erotik zu tun, das ist ganz einfach ein Verbrechen.“
Ihre Romane haben also auch eine Botschaft?
Susanne Calaverno: „Wenn Sie so wollen: ja. Alles, was zwei Menschen gleichermaßen Spaß macht, ist erlaubt. Und gerne auch das, was mehr als zwei Menschen gleichzeitig Spaß macht.“ (lacht)
Wie darf man sich die Arbeitssituation einer Autorin vorstellen, bei der alles erlaubt ist: Diszipliniert am Computer sitzend … oder hingegossen in einem seidenen Morgenmantel mit dem Laptop auf dem Schoß?
Susanna Calaverno: „Seide auf nackter Haut ist wirklich ein unvergleichliches Gefühl! Auf dem Sofa hingegossen zu schreiben ist allerdings ziemlich unbequem … (lacht)
Im Ernst: die Ideen zu meinen Romanen kommen mir zugeflogen, manchmal im Halbschlaf, manchmal aus heiterem Himmel in irgendeiner Alltagssituation. Dann denke ich plötzlich: was wäre jetzt, wenn … Das Schreiben an sich erfolgt diszipliniert am Schreibtisch, weil die Szenerie in meinem Kopf sorgfältig in Worte umgesetzt werden muss, um bei meinen Leserinnen und Lesern das gleiche Bild zu erzeugen, das mir vorschwebt. Zumindest hoffe ich natürlich, dass mir dies gelingt.“
Darf ich dazu eine provokante Frage stellen?
Susanna Calaverno: „Ich bitte darum!“
In welchem Ihrer Romane ist Ihnen dies am besten gelungen?
Susanna Calaverno: „Nun, diese Frage sollten Sie vermutlich meinen Leserinnen und Lesern stellen. Was die Verkaufszahlen angeht, liegen VERBORGENE BLÜTEN und FANTASIEN IN SAMT UND SEIDE ganz weit vorne. Meine stille Leidenschaft gilt aber tatsächlich einem anderen meiner Bücher: in FEURIGE KÜSSE widme ich mit einer literarischen Gattung, die mir persönlich großes Vergnügen bereitet, den Kurzgeschichten.“
Was reizt Sie daran?
Susanna Calaverno: „Sie fordern mich beim Schreiben auf ganz besondere Art. In der Kürze liegt die Würze. In einer Kurzgeschichte muss man sich als Autorin bei jedem Wort entscheiden, ob es nötig ist, um die Story voranzubringen. Das zwingt dazu, sehr pointiert zu schreiben, und führt im Idealfall zu einem wirklich ‚runden‘ Text. Außerdem konnte ich in FEURIGE KÜSSE Ideen umsetzen, die sich nicht für einen kompletten Roman geeignet hätten, beispielsweise HEUTE ABEND – eine Geschichte, die eine sehr unerwartete Wendung nimmt – und DIE ÄFFIN.“
Verraten Sie uns mehr darüber?
Susanna Calaverno: „Ich verrate Ihnen gerne, dass Sie die Geschichten selbst lesen können – und freue mich dann, zu hören, wie sie Ihnen gefallen haben.“ (lacht)
Was ist das größte Kompliment, das man Ihnen als Autorin erotischer Romane machen kann?
Susanna Calaverno: „Wenn mir jemand sagt, dass meine Bücher und Geschichten seine Einstellung zu seiner eigenen Sinnlichkeit beeinflusst hätten. So, wie wenn man einen Malkurs besucht, und danach die Farben und Formen in seiner Umgebung mit ganz anderen Augen sieht. Das ist mir schon ein paar Mal passiert, und das freut mich immer ganz besonders.“