Tania Schlie über die Arbeit an ihren Romanen
„Manchmal könnte ich an Zauberei glauben“
Habe ich das richtige Thema getroffen, den richtigen Ton? Sind meine Figuren lebensnah gezeichnet und werden die Leserin und der Leser ihnen folgen und mitfiebern?
Dies ist die besondere Schwierigkeit beim Schreiben: Das eigene Manuskript mit kritischer Distanz lesen, obwohl man seinen Text beinahe auswendig kennt. Aber auch, wenn man das Manuskript schließlich erfolgreich abgeschlossen hat und das Buch veröffentlicht wurde, wirken die Geschichten auf ganz eigene Art weiter nach.
Manchmal könnte ich glatt an Zauberei glauben. Zum Beispiel, als ich ELSAS ERBE schrieb, einen Roman, der sich an die Biografie meines Urgroßvaters anlehnt: Ich hatte mir Elsas Mutter als desillusionierte Frau vorgestellt, die die Seitensprünge ihre Mannes machtlos über sich ergehen lässt und sich mit dem Herstellen von Blumencollagen den Tag vertreibt. Aber war dies wirklich die richtige Entscheidung gewesen? Passte diese kreative Arbeit zu Emma? Auf einem Flohmarkt stieß ich auf ein kleines Bild, das eine elegische Frau zeigt, die ganz aus Blütenblättern besteht. Die Händlerin betrieb dieses alte Handwerk – und sie hieß Emma, genau wie die Figur in meinem Buch! Damit nicht genug: Als ELSAS ERBE erschienen war, sprach mich nach einer Lesung eine Frau an, die meine Urgroßmutter gekannt hatte, und fragte mich, woher ich gewusst hätte, dass Emma in ihrem Leben tatsächlich solche Collagen gemacht hat.
Manche Kollegen vergessen nie ein Detail aus ihren Werken; mir geht es nicht so. Anlässlich der eBook-Neuausgabe habe ich nun nach über zehn Jahren EINE LIEBE IN DER PROVENCE erneut gelesen. Natürlich war mir die Grundidee noch vertraut – doch auf einmal fand ich mich in der Rolle der Leserin wieder. Ich war ganz gefangen von der Geschichte, deren Details ich zu großen Teilen nicht mehr wusste. Namen, Nebenhandlungen, sogar eine ganz dramatische Wendung haben mich beim Lesen komplett überrascht. Ich war so gespannt auf den Fortgang, dass ich mich auf die Lektüre meines eigenen Buches gefreut habe! Während des Lesens kamen Erinnerungen an meine vielen Urlaube in der Provence, an die Gerüche und Genüsse und an den bunten Reichtum dieser Landschaft wieder hoch. Und das alles hat mich ungemein inspiriert – und ich habe sofort angefangen, mir Notizen zu machen, aus denen demnächst vielleicht ein weiterer Roman werden kann.
Ich hoffe, dass es vielen Leserinnen und Lesern genauso ergeht: Dass sie in meine Romane eintauchen und sie unterhaltsam, spannend und inspirierend finden.