Unsere Autorin Irene Rodrian
dotbooks-Verlegerin Beate Kuckertz über unsere Autorin Irene Rodrian.
Manchmal kommt es im Leben zu Begegnungen, die man nicht mehr vergisst. So ging es mir mit meinem ersten Treffen mit Irene Rodrian.
Die „Grande Dame der deutschen Krimiszene“ besuchte mich zusammen mit ihrer Agentin im Verlag. Ich erinnere mich noch gut daran, dass es ein heißer Sommernachmittag war … und ich ein kleines bisschen aufgeregt. Damals hatte ich dotbooks gerade erst gegründet, den Namen „Irene Rodrian“ kannte ich aber schon seit vielen Jahren. Zuerst wirkte auch sie ein wenig schüchtern. Die Agentin – die uns beide ganz anders kennt – übernahm kurz die Gesprächsführung und vermittelte zwischen uns beiden. Schnell wurde klar, dass wir uns mochten und symphytisch waren. Das Eis war also gebrochen, Irene Rodrian packte ihr Markenzeichen aus, den Fächer, wedelte sich damit ununterbrochen Luft zu und erzählte mir von ihrer Karriere und wie sie zur ersten deutschen Krimischriftstellerin wurde. Das ist eine wirklich unglaubliche Geschichte!
In den 60er Jahren war das Verlagswesen eine reine Männerdomäne: es gab fast ausschließlich männliche Lektoren, männliche Verleger und – natürlich! – auch nur männliche Krimiautoren. Irene Rodrian, die schon als Kind gern fabulierte und Geschichten schrieb, hatte bereits bei mehreren Verlagen ihre Krimis eingereicht und immer wieder Absagen bekommen. „Ich finanzierte die Post“, sagt sie selbst über die Zeit. „Und ich war nicht bereit zu glauben, dass es an meinen Texten lag – nein, das hatte doch wohl eher etwas mit meinem Namen zu tun.“
Als der Goldmann Verlag 1967 den mit 5.000 DM dotierten Edgar-Wallace-Preis ausschrieb, bewarb sie sich daher unter einem Pseudonym mit zwei Manuskripten: BIS MORGEN, MÖRDER und TOD IN ST. PAULI. Tatsächlich gewann sie mit TOD IN ST. PAULI den ersten Preis, bekam aber nur 1.500 DM Preisgeld. Begründung: Dieses Buch könne nur von einem Mann geschrieben worden sein; höchstwahrscheinlich von ihrem Ehegatten. Irene Rodrian solle das doch bitte endlich zugegeben.
Wenn Sie diese Zeilen nun mit einem fassungslosen Gesichtsausdruck lesen, dann geht es Ihnen genauso wie mir. Irene Rodrian grinste zum Glück breit, als sie mir diese Anekdote erzählt, und betonte, wie froh sie darüber sei, dass sich die Denke in den Verlagen weitgehend geändert hat. Aber in unserem Gespräch macht sie auch klar, wie hart und steinig der Beginn ihrer Karriere tatsächlich war, und dass er neben Kreativität und dem unbedingten Willen, Schriftstellerin zu werden, eine nicht nachlassende Durchsetzungs- und Überzeugungskraft verlangte. Denn es gab noch einen anderen Grund, weswegen sie kämpfen musste.
Keine Frage: Heute ist das Spannungsgenre fest etabliert, und kein Leser schämt sich mehr dafür, einen Krimi zu kaufen und zu lesen.
Das war vor dreißig Jahren noch völlig anders: Für die feine Kunst des Mordens hatten viele Menschen sowohl im Fernsehen als auch in Buchform nur eine gewisse Verachtung übrig. „Das ist Trivialliteratur“ hieß es immer wieder – oder auch ganz direkt: „So einen Schund sollte man nicht lesen. Wer schreibt denn so etwas? Und dann auch noch eine Frau!“
Irene Rodrian ließ sich davon nicht einschüchtern, sondern empfand die anfängliche Ablehnung eher als Herausforderung.
Sie schrieb und veröffentlichte mehr als 20 Kriminalromane, die zum Teil verfilmt wurden, und verfasste Drehbücher für erfolgreiche TV-Serien wie TATORT oder EIN FALL FÜR ZWEI. Zwischendurch zeigte sie auch eine andere Seite ihrer Kreativität – zum Beispiel mit der Kinderserie um den kleinen Piraten PEPOLINO –, aber ihre große Liebe hat immer der Spannung gegolten. Sie und ihre Mitstreiter haben erfolgreich für die Akzeptanz dieses Genres in Deutschland gekämpft. Dafür wurde Irene Rodrian 2007 mit dem sogenannten Ehrenglauser der Autorengruppe DAS SYNDIKAT ausgezeichnet.
Wie gesagt: Ich kannte den Namen „Irene Rodrian“ schon lange, bevor ich ihr an diesem heißen Sommertag zum ersten Mal begegnete. Umso mehr freue ich mich, dass sie dotbooks ihre Backlist anvertraut hat: Wir veröffentlichen ihre frühen Titel in der Reihe KRIMI-KLASSIKER – meine besonderen Favoriten sind übrigens FINDERLOHN und DER TOD HAT HITZEFREI – und die vier Fälle für LLIMONA 5, die fünf weiblichen Detektive aus Barcelona. Natürlich darf auch PEPOLINO nicht fehlen, denn diese drei Vorlesebücher unterstreichen noch einmal, was für eine vielschichtige Autorin Irene Rodrian ist.
Es ist mir eine Ehre, all diese Bücher bei dotbooks verlegen zu dürfen – und darum lade ich euch nun ein, die „Grande Dame der deutschen Krimiszene“ im eBook neu für euch zu entdecken!