»VIELLEICHT SIND ROMANAUTOREN DIE EHRLICHEREN HISTORIKER«
Ein Gespräch mit unserem Autor Robert Goddard über den idealen Ort zum Schreiben, die Unterschiede zwischen zeitgenössischen und historischen Spannungstiteln und seine Romane DIE SCHATTEN DER TOTEN, DENN EWIG WÄHRT DIE SCHULD und DAS GEHEIMNIS VON TRENNOR MANOR.
Lieber Herr Goddard, Ihre Bücher decken eine breite Palette von Themen ab, wo erhalten Sie Ihre Inspiration?
Robert Goddard: »Es ist wirklich sehr schwierig zu sagen, woher meine Ideen kommen. Manchmal sind es Dinge, die mir schon lange im Kopf herumschwirren und ich warte nur auf einen geeigneten Handlungsstrang, mit dem ich sie verweben kann. Manchmal werden sie durch irgendein aktuelles Ereignis oder durch eine zufällige Beobachtung angestoßen. Ich bin immer auf der Suche nach neuen Ideen.«
Benötigen Sie einen besonderen Ort oder eine Atmosphäre, um zu schreiben? Oder setzen sie sich einfach in ein schönes Café setzen und fangen an zu schreiben?
Robert Goddard: »Ich brauche keinen bestimmten Ort, um zu schreiben, außer dass ein gewisses Maß an Einsamkeit unerlässlich ist, um die Konzentration aufrechtzuerhalten. In einem Café könnte ich niemals schreiben. Abgesehen davon verpasse ich so natürlich die Chance anderen Gesprächen zu lauschen – was oftmals die Inspiration für ein neues Buch sein kann.«
Die meisten ihrer Charaktere sind nicht der klassische Heldentyp, wie etwa der Hauptcharakter Toby Flood aus DENN EWIG WÄHRT DIE SCHULD – das macht sie viel realistischer und oft sympathischer. Verbergen sich hinter den Charakteren menschliche Vorbilder oder entstammen sie alle Ihrer Fantasie?
Robert Goddard: »Meine Charaktere sollen so lebensecht wirken, weil ich selbst nur so die notwendige Verbundenheit zu ihnen verspüre – und dann, so hoffe ich zumindest, wird der Leser auch in der Lage sein, eine Beziehung zu ihnen aufbauen. Sie sind auch interessanter zu schreiben als unbesiegbare Selbstverteidigungsexperten, die zudem in jeder Hand einen rauchenden Colt halten. Meine Charaktere basieren auf verschiedenen Aspekten echter Menschen, die in einem fiktiven Kontext kombiniert werden. Und ein wenig von mir steckt sicherlich auch in ihnen.«
Bevor Sie Schriftsteller wurden, haben Sie in Cambridge Geschichte studiert. Einige Ihrer Bücher – wie DAS GEHEIMNIS VON TRENNOR MANOR und DIE SCHATTEN DER TOTEN – haben einen eher spielerischeren Zugang zur Geschichte. Halten Sie das Schreiben von Romanen für einen interessanteren Zugang zur Geschichte?
Robert Goddard: »Als Geschichtsstudent geriet ich öfters in Schwierigkeiten, wenn ich mal wieder eine etwas kreativere Interpretation von vergangenen Ereignissen zur Diskussion stellte. Ich glaube, dass das Schreiben von Romanen mit historischem Hintergrund für mich eine Art Fortführung dessen ist. Obwohl ich nach wie vor glaube, dass Historiker das Ausmaß überschätzen, mit dem sie vergangene Ereignisse wirklich auf der Grundlage von Beweisen interpretieren. Auch in der Geschichtswissenschaft wird viel spekuliert. Vielleicht sind die Autoren von historischen Romanen in dieser Hinsicht einfach ein bisschen ehrlicher.«
Was sind einige der Unterschiede beim Schreiben eines zeitgenössischen Spannungsromans und eines Spannungsromans mit historischem Setting?
Robert Goddard: »Ich unterscheide für mich selbst beim Schreiben nicht wirklich zwischen Romanen, die in der Gegenwart spielen, und solchen, die in der Vergangenheit spielen. Sie alle haben ein bestimmtes Setting, das ich beim Schreiben der Geschichte auf die mir bestmögliche Weise vermitteln möchte. Die wirklichen Unterschiede sind die alltäglichen Dinge: Kommunikation, Kleidung, die Art und Weise, wie man reist und dergleichen. Darüber hinaus bleibt die menschliche Natur, die der Motor ist, der die Geschichten antreibt, unverändert.«
Wie bereiten Sie sich darauf vor einen Roman in einem historischen Setting zu schreiben? Lesen Sie Sachbücher über die Zeit, um sich mit den Fakten vertraut zu machen? Lassen Sie sich von anderen Romanen über (oder vielleicht sogar aus) dieser Zeit inspirieren?
Robert Goddard: »Ich versuche, in die Zeit einzutauchen, in der meine Geschichte spielt. Je weiter zurück die Zeitperiode liegt, desto mehr muss ich mich in die Zeit einarbeiten: mit Karten, Fotografien, Memoiren, Tagebüchern oder sozialgeschichtlichen Büchern. Um ein Gefühl für die Welt zu bekommen, in der meine Charaktere leben. Romane, die in der damaligen Zeit geschrieben wurden, sind oft nicht sehr hilfreich, weil deren Autoren davon ausgehen, dass ihre Leser mit dem Hintergrund der jeweiligen Gegenwart vertraut sind. Grundsätzlich bin ich für jede Einsicht und Erkenntnis dankbar, die ich bekommen kann – und die sind manchmal an unerwarteten Orten zu finden.«
Das Gespräch führte Conrad Gminder aus dem dotbooks-Lektorat.
Robert William Goddard, geboren 1954 in Fareham, ist ein vielfach preisgekrönter britischer Schriftsteller. Nach einem Geschichtsstudium in Cambridge begann Goddard zunächst als Journalist zu arbeiten, bevor er sich ausschließlich dem Schreiben von Spannungsromanen widmete. Robert Goddard wurde 2019 für sein Lebenswerk mit dem renommierten Preis der Crime Writer’s Association geehrt. Er lebt mit seiner Frau in Cornwall.
Robert Goddard veröffentlichte bei dotbooks auch die folgenden Kriminalromane:
»Im Netz der Lügen«
»Der Preis des Verrats«
»Eine tödliche Sünde«
»Ein dunkler Schatten«
»Denn ewig währt die Schuld«
»Das Geheimnis von Trennor Manor«
»Das Geheimnis der Lady Paxton«
»Das Haus der dunklen Träume«
»Und Friede den Toten«
Robert Goddard veröffentlichte bei dotbooks weiterhin die historischen Kriminalromane:
»Die Sünden unserer Väter«
»Die Schatten der Toten«
»Jäger und Gejagte«
»Die Klage der Toten«
»Der Kartograf von London«
Robert Goddard veröffentlichte außerdem bei dotbooks seine drei Kriminalromane mit dem Ermittler Harry Barnett:
»Dunkles Blut«
»Dunkles Sonne«
»Dunkle Erinnerung«
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