Wer wird überleben? Annemarie Schoenle über ihren Roman „Du gehörst mir“
Vor etlichen Jahren schrieb ich eine Kurzgeschichte zum Thema „krankhafte Eifersucht“. Die Problematik ließ mich nicht mehr los, ich fing an zu recherchieren.
Stellen Sie sich vor: Nur einmal kurz einem Mann auf einer Party zugelächelt oder dem freundlichen Ober in einem Lokal – und schon ist der schlimmste Ehekrach im Gange.
„Gott sei Dank“, sagen Sie. „Das kenne ich nicht.“ Nun, dann seien Sie froh. Dann bleiben Sie verschont vor ständigem Hinterherspitzeln, vor Kontrolle der Post, der Mails, der Anrufe, des Navi-Systems, der Bankauszüge. Sie müssen nicht erleben, was meine Heldin Melanie erlebt, wie sie bedroht und eingeschüchtert wird und nicht nur sie, sondern auch alle Menschen, die ihr nahe stehen.
Das Beklemmendste beim Schreiben dieses Stoffes waren die Nachforschungen. All die Frauen, die mir erzählten, was ihnen widerfuhr – das krankhafte Misstrauen, der totale Besitzanspruch, der Überwachungswahn. Am schwersten fiel es mir, mich in Wolf hineinzuversetzen, aber ich versuchte es und hatte sogar manchmal ein bisschen Mitleid mit ihm und seinem verkorksten Frauenbild.
Das Ganze beginnt wie eine Liebesgeschichte und endet in einem tödlichen Wettstreit. Wer von den beiden, Melanie oder Wolf, wird sein Ziel erreichen? Denn so viel sei verraten: Melanie wehrt sich, ihre anfängliche Hilflosigkeit mündet in eine Art rasender Überlebenswut. Freiwillig wird Wolf sie nicht gehen lassen, eher wird er sie töten.
Wie es mir beim Schreiben damit ging? Nun ja. Je mehr sich die Spannung aufbaute, desto weniger konnte ich das Manuskript aus der Hand legen. Vielleicht geht es Ihnen ja beim Lesen genau so?
Übrigens – sollten Sie sich fragen, ob ich das Thema deshalb so eindringlich bearbeiten konnte, weil ich eigene Erfahrungen machte: nein! Ich bin verheiratet, aber ich kann ebenfalls sagen: „Gott sei Dank, das kenne ich nicht.“