Alexandra von Grote im Interview

25. Mai 2018
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Grote Festspiele Mai 2018 1„Gut und Böse liegen oft dicht beieinander“

Die Erfolgsautorin Alexandra von Grote über ihre Recherche in Frankreich, spannende Ermittlerfiguren und ihre Krimiserie rund um die Kommissare Labelle und LaBréa.

Liebe Frau von Grote, lassen Sie uns mit einer grundsätzlichen Frage anfangen: Warum schreiben Sie?

Alexandra von Grote: „Ich schreibe, weil ich Geschichten erzählen will. In meinem Fall: Kriminalgeschichten. Dabei interessieren mich nicht nur Ablauf und Aufklärung des Verbrechens: Viel wichtiger finde ich die persönlichen und psychologischen Hintergründe meiner Figuren. Die Welt hinter der Welt. Das, was oftmals verborgen ist und erst durch eine Ausnahmesituation – ein Verbrechen, eine plötzliche Opferrolle – ans Tageslicht kommt.“

Grote Festspiele Mai 2018 6Wie bereiten Sie sich auf das Schreiben eines Buches vor?

Alexandra von Grote: „Zunächst entwickle ich die ganze Story in meinem Kopf. Bevor ich eine einzige Zeile schreibe, steht der Plot fest. Es sind ausnahmslos erfundene Geschichte, ohne realen Hintergrund.

Dann verfasse ich für mich ein Kurzexposé, um zu sehen, ob ich die Geschichte in ihren Grundzügen auf maximal zwei Seiten erzählen kann und ob sie spannend und schlüssig erscheint. Ist dies der Fall, beginne ich mit der Recherche vor Ort. Oft setze ich Schauplätze und (leicht abgewandelte) Charaktere von Personen ein, die ich kenne. Natürlich nur im Kontext meiner Geschichte!

Vor Ort – zum Beispiel in der Provence oder Paris – recherchiere ich dann, ob alles so passen könnte: Örtlichkeiten, Ablauf der Geschichte von den Gegebenheiten her und so weiter. Recherchen bei den französischen Polizeidiensten kommen hinzu, ebenso juristische und gerichtsmedizinische Recherchen. Wenn all dies erledigt ist und die Recherche Ergebnisse, Charakterbeschreibungen, Orts- und Personennamen etc. in meine dicken Kladden mit dem typisch französischen Karomuster geschrieben sind, beginnt der Schreibprozess.“

Grote Festspiele Mai 2018 2Sie erwähnten bereits Paris: Was hat sie zu Ihrer Krimireihe um Kommissar LaBréa geschrieben?

Alexandra von Grote: „Gereizt hat mich das Umfeld einer Weltmetropole: Hier ermittelt LaBréa in der Hektik der Großstadt Paris mit einem großen Team.

Ich fand es spannend, herauszufinden, ob es mir gelingt, eine männliche Hauptfigur überzeugend und sensibel zu erschaffen. Bewusst sollte LaBréa nicht den Touch des etwas heruntergekommenen, illusionslosen Polizisten bekommen, wie es in vielen anderen Krimis zu lesen ist. Gerade weil sein Beruf ihn mit den Abgründen der menschlichen Seele konfrontiert, mit Elend und Gewalt, setzt er dem durch seine kultivierte Art und seinen Optimismus etwas entgegen. Das ist seine Überlebensstrategie. Auch die Ermordung seiner Frau Anne, die ihn für immer geprägt hat, kann daran nichts ändern. Er nimmt die Herausforderungen seines Berufes an, ohne daran zu zerbrechen. Das hat mich beim Schreiben herausgefordert – und es begeistert meine Leser, was mich natürlich sehr freut.“

Grote Festspiele Mai 2018 4Für Ihre andere Serie haben Sie Paris den Rücken gekehrt und sich der Provence gewidmet. Warum?

Alexandra von Grote: „Zu jener Zeit, als ich die Reihe schrieb, lebte ich bereits viele Jahre in Südfrankreich. Land und Leute kannte ich gut, und ich hatte im Lauf der Jahre Gelegenheit, hinter manche Fassade der schönen Postkartenprovence zu schauen. Im Mikrokosmos der kleinen Orte und Dörfer spielt sich viel Dramatisches ab: Es gibt Neid, Hass, Feindschaften und manchmal begegnen einem dort merkwürdige und skurrile Menschen. Gut und Böse liegen oft dicht beieinander. Es gibt Familiengeheimnisse, die sorgsam gehütet werden. All dies hat mich gereizt, daraus eine Krimi-Reihe zu konzipieren.“

Und was reizte Sie an Ihrer Ermittlerin Florence Labelle?

Alexandra von Grote: „Sie hat französische Wurzeln, lebte aber lange Zeit in Berlin. Nun kommt sie anlässlich der Ermordung einer Deutschen in die Provence, um den ersten Fall zu lösen. Spannend an der Figur finde ich, wie sie sich im Dickicht der französischen Polizeidienste zurecht findet, sich beruflich Respekt verschafft und sich von ihrem misstrauischen und frauenfeindlichen Vorgesetzten nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Sie ist eine Frau, die sowohl in der deutschen als auch in der französischen Kultur zu Hause ist und in der Provence auch ihr privates Glück findet.«

Grote Festspiele Mai 2018 5Sie schreiben nicht nur erfolgreiche Kriminalromane, sondern nehmen sich auch anderer Genres an. In Ihrem bewegenden Roman DIE NACHT VON LAVARA verbinden Sie die Spannung, für die Sie bekannt sind, mit einer realen Geschichte, die unter die Haut geht.

Alexandra von Grote: „‚Die Nacht von Lavara‘ wurde inspiriert durch eine historische Begebenheit, 1943 in Italien ausgelöst durch eine Einheit der französischen Armee. Ich wollte dieses Buch schreiben, weil es in der Tragik und Dramatik seiner Geschichte für viele ähnliche Begebenheiten steht, die sich in unserer Welt abgespielt haben und – leider – noch immer in ähnlicher Weise abspielen. In meinem Roman bin ich sehr frei mit dem Stoff umgegangen: So ist die zentrale Figur der Sängerin Carla sowie ihr ganzes Umfeld von mir erfunden, ebenso wie der junge Offizier Henri. Durch beide Charaktere konnte ich dem Geschehen eine größere Dramatik geben und für den Leser klare Identifikationsfiguren schaffen in einer Geschichte, die ich unbedingt zu Gehör bringen und einer breiten Leserschaft zugänglich machen wollte.“

Grote Festspiele Mai 2018 3Lassen Sie uns am Ende noch einmal auf Ihre Kriminalromane zurückkommen: Ihre Kommissare LaBréa und Labelle sind sehr unterschiedliche Charaktere – was mögen Sie an den beiden?“

Alexandra von Grote: „An beiden Hauptfiguren meiner Krimi-Reihen schätze ich die Geradlinigkeit, die Offenheit und den Humor. Sowohl Florence Labelle als auch Maurice LaBréa versuchen, trotz der tiefen Abgründe, in die ihr Beruf sie blicken lässt, den Menschen zugewandt zu bleiben. Damit bilden sie bewusst einen Gegenpol zu all den Ermittlern, denen man als Lesern heute oft in Kriminalromanen begegnet und die vor allem einen verbitterten oder zynischen Eindruck machen. Ich wollte bewusst das Positive in beiden Charakteren herausstreichen – natürlich auch, um die Grausamkeit der Verbrechen, die sie aufklären müssen, klarer hervortreten zu lassen.“

Das Interview führte Timothy Sonderhüsken, Programmleiter dotbooks.

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Alexandra von Grote © privat

Alexandra von Grote ging in Paris zur Schule und machte dort das französische Abitur. Sie studierte in München und Wien Theaterwissenschaften und promovierte zum Dr.phil. Nach einer Tätigkeit als Fernsehspiel-Redakteurin im ZDF war sie Kulturreferentin in Berlin. Seit vielen Jahren ist sie als Filmregisseurin tätig. Sie schrieb zahlreiche Drehbücher, Gedichte, Erzählungen und Romane. Ihre Romanreihe mit dem Pariser Kommissar LaBréa wurde von der ARD/Degeto und teamWorx Filmproduktion verfilmt. Alexandra von Grote lebt in Berlin und Südfrankreich.

Mehr Informationen über Alexandra von Grote finden Sie auf ihrer Website: http://www.alexandra-vongrote.de/

Bei dotbooks veröffentlichte Alexandra von Grote ihren Roman „Die Nacht von Lavara“, den Kriminalroman „Nichts ist für die Ewigkeit“ sowie die Krimiserien um Florence Labelle („Die unbekannte Dritte“, „Die Kälte des Herzens“, „Das Fest der Taube“, „Die Stille im 6. Stock“) und LaBréa („Mord in der Rue St. Lazare“, „Tod an der Bastille“, „Todesträume am Montparnasse“, „Der letzte Walzer in Paris“, „Der tote Junge aus der Seine“, „Der lange Schatten“).

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