»Das Geheimnis, das die alten Mauern des Vatikan umgibt, ist ein extremer Gegenentwurf zur modernen Welt.«

19. Juni 2020
dotbooks

Ein Gespräch mit David Conti über den ungewöhnlichen Protagonisten seines Vatikankrimis DON CAVELLI UND DER TOTE KARDINAL, spannende Einblicke in die Mysterien dieses uralten Kirchenstaates und darüber, was uns heute, mehr denn je, so sehr am Vatikan und seinen Traditionen fasziniert.

Lieber David Conti, in Ihrem Kriminalroman DON CAVELLI UND DER TOTE KARDINAL gewähren Sie uns spannende Einblicke in das alltägliche Leben im Kirchenstaat. Woher stammt unsere ungebrochene Faszination mit dem Vatikan – und was war Ihnen beim Schreiben wichtig?

David Conti: »Nun, zum einen ist die Katholische Kirche die älteste Organisation der Welt: die einzige, die seit zweitausend Jahren besteht und auf der ganzen Erde vertreten ist. Zum anderen hat der Vatikan es verstanden, einen Großteil seiner eindrucksvollen Traditionen, die teilweise aus der Antike, dem Mittelalter und der Renaissance stammen, zu bewahren. Das ist in dieser Form einmalig. Nehmen wir nur das Konklave als Beispiel, die Wahl eines neuen Papstes: Die findet auch heute noch in der Sixtinischen Kapelle durch rotgewandete Kardinäle statt und der Ausgang der einzelnen Wahlgänge wird den Gläubigen, die zu Tausenden auf dem Petersplatz warten, mittels schwarzem oder weißem Rauch mitgeteilt. Alles, was während der Wahl stattfindet, bleibt auf immer geheim, einige spannende Einblicke rund um die Papstwahl gibt es aber im zweiten Band der Reihe, DON CAVELLI UND DER LETZTE PAPST.

Das Geheimnis, das die alten Mauern des Vatikan umgibt, ist ein extremer Gegenentwurf zu unserer modernen Welt und dem allgegenwärtigen Wunsch nach Transparenz und macht genau deshalb so neugierig. Der Vatikan kann zwar inzwischen teilweise touristisch besucht werden, aber es bleibt eine geschlossene Zone, mit vielen unzugänglichen Bereichen, bewacht durch die Schweizer Garde in ihren pittoresken Uniformen.

Auch wenn meine DON CAVELLI-Reihe Fiktion ist – die Handlung, so außergewöhnlich sie auch ist, könnte sich in der Tat genau so ereignen. Dabei ist mir wichtig, die vielen Schattierungen zwischen Schwarz und Weiß zu zeigen: Das Klischee, dass alle Kardinäle und andere hohen Kleriker samt und sonders Schurken und Intriganten sind, bediene ich nicht – die Wirklichkeit erscheint mir viel faszinierender!«

Ihr Protagonist, der Geschichtsprofessor Don Cavelli, nimmt eine außergewöhnliche Position im Vatikan ein – wie würden Sie ihn Ihren Lesern vorstellen? Und warum öffnen sich ihm viele Türen, die anderen verschlossen bleiben?

David Conti: »Don Cavelli – ›Don‹ ist tatsächlich kein Titel, sondern die Abkürzung seines Vornamens ›Donato‹ – genießt Privilegien, die zweifellos viele Menschen gerne hätten. Obwohl er kein Kleriker ist und kein vatikanisches Amt bekleidet, lebt er in einem Palazzo im Vatikan. Er hat überall Zugang und verfügt über zahlreiche besondere Rechte. Zu verdanken hat er dies seinem Urahn Capitano Umberto Cavelli, der im sechzehnten Jahrhundert Papst Julius II. einige ominöse Dienste leistete. Dafür verfügte der Papst, dass er und seine Nachkommen bis zum Jüngsten Tag ›liberatus ab ullis calamitatibus‹, also ›frei von allen Nöten zu stellen‹ sind – was nicht nur das Wohnrecht im Vatikan mit Zugang zu allen Orten, sondern auch eine große Summe Goldes beinhaltet, die im Laufe eines halben Jahrtausends durch Zins und Zinseszins zu einem astronomischen Vermögen angewachsen ist. Das ermöglicht Don Cavelli, ein relativ unbeschwertes Leben zu führen und seine Geschichtsprofessur an der Sapienza-Universität in Rom gewissermaßen als Hobby zu betreiben. Unbeschwert zumindest, bis sein Freund, Kardinal Fontana, auf rätselhafte Weise ums Leben kommt und Don Cavelli in eine Verschwörung um eines der erschütterndsten Ereignisse der jüngeren Geschichte verwickelt wird.«

Sie nehmen uns mit auf eine abenteuerliche Jagd durch den Vatikan – wie haben Sie die einzelnen Schauplätze ausgewählt, an denen Don Cavelli Hinweise auf die Verschwörung rund um den rätselhaften Tod von Kardinal Fontana findet?

David Conti: »Ich versuche, den Lesern einen spannenden Blick hinter die Kulissen des Vatikan zu ermöglichen und ihn an Orte mitzunehmen, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, oder auch beinahe gänzlich unbekannt. Zum Beispiel die Casina di Pio, eine Art Minischlösschen in den Vatikanischen Gärten, wo sich auch heute noch einige der bedeutendsten Wissenschaftler der Welt zu Symposien treffen, den Turm der Winde, der die erste Sternwarte der Welt enthält, in der auch unser heutiger Kalender errechnet wurde, oder die Kammer der Tränen, den Raum neben der Sixtinischen Kapelle, in den sich ein neugewählter Papst zurückzieht, um sein Papstgewand anzulegen und dabei auch für immer mit seinem altem Leben abzuschließen. Andere Orte wie ›das Schiff des Papstes‹ sind sogar noch unbekannter –wer mehr darüber erfahren möchte, ist herzlich eingeladen, sich in DON CAVELLI UND DER TOTE KARDINAL auf eine exklusive Sightseeing-Tour durch die Mysterien des Vatikan zu begeben.«

Das Gespräch führte Ronja Beck aus dem dotbooks-Lektorat.

David Conti wurde 1964 in Rom geboren und verbrachte dort – unterbrochen von einem mehrjährigen Aufenthalt in München – seine Kindheit und Jugend. Nach einem Studium der Theologie, Geschichte und Germanistik in Perugia, Yale und Tübingen, war er mehrere Jahrzehnte lang in verantwortlicher Position bei einer internationalen Institution in Rom tätig. Seit seinem beruflichen Ausscheiden aus dieser verbringt er seine Zeit mit Reisen und dem Schreiben der »Don Cavelli«-Reihe. Er lebt abwechselnd in Castel Gandolfo, Zürich und Santa Barbara.

Von David Conti erscheint bei dotbooks in der »Don Cavelli«-Reihe: »Don Cavelli und der tote Kardinal«, »Don Cavelli und der letzte Papst« und »Don Cavelli und die Hand Gottes«.

DON CAVELLI UND DER TOTE KARDINAL von David Conti – überall erhältlich, wo gute eBooks angeboten werden, und natürlich auch auf unserer WEBSITE, wo die eBooks für Sie im Mobi-Format für den Kindle und als ePub für alle anderen Lesegeräte bereitstehen.