„Demetrias Rache“ von Robert Gordian

25. September 2015
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Programmleiter Timothy Sonderhüsken

Programmleiter Timothy Sonderhüsken

Timothy Sonderhüsken, Programmleiter, stellt „Demetrias Rache“ von Robert Gordian vor:

So, jetzt kommt‘s raus: Auch nach über 20 Jahren in Verlagen kann ich nicht mit 10 Fingern tippen. Ich hab’s nie gelernt. Als ich mit 14 Jahren begonnen habe, auf die Schreibmaschine meiner Mutter einzuhacken, ging es mir nur darum, möglichst schnell möglichst viel zu Papier zu bringen. Schließlich hatte ich über 20 Brieffreunde … und ein eventuell etwas übersteigertes Mitteilungsbedürfnis.

Heute schreibe und lese ich immer noch sehr gerne Briefe – und auch deswegen war ich von der ersten Seite an Fan von Robert Gordians Serie rund um Odo und Lupus, die Kommissare Karls des Großen. „Dem teuren Volbertus, Prior des Klosters N., entbietet sein Vetter Lupus Grüße und Heil. Gewiss wartest Du schon mit Spannung auf neue Nachrichten von mir, doch lange Zeit passierte nicht viel und so schwieg ich lieber.“ So beginnt der erste Roman, DEMETRIAS RACHE, und wie man sich denken kann, hat Lupus‘ ruhiges Leben bald ein Ende. Karl der Große macht ihn zu einem seiner Königsboten – auch Kommissare genannt – und schickt ihn auf Missionen quer durch das Frankenreich. Oder besser gesagt: Lupus wird zum Begleiter eines anderen Königsvasallen bestimmt, den der Mönch so beschreibt: „Der Aufzug des Herrn Odo verriet das Dilemma, in dem er steckt: zwischen dem Anspruch eines standesgemäßen Auftretens und seinen bescheidenen Mitteln. Betrachtete man ihn von Kopf bis Fuß, sah man den Glanz allmählich in Elend übergehen. Dem golddurchwirkten Stirnband und der mit einem Rubin geschmückten Fibel, die den Mantel hielt, folgten über der schäbigen Tunika ein einfacher Gürtel, darunter abgetragene Hosen und unter den kreuzweise geschnürten Lederstrümpfen als kläglicher Abschluss ein Paar löchrige Stiefel, die längst ihren Abschied verdient hätten. Der Mann war ein wandelnder Widerspruch, aber auch ein witziger Kopf. Schon während der Rede des Herrn Karl hatte er respektlose Bemerkungen gemacht. Natürlich hatte ich mich gehütet, ihm beizustimmen, mich aber im Stillen darüber belustigt.“

Mein persönlicher Lesetipp Gordian Demetrias RacheEinerseits sind es also die Briefform und der ganz besondere Ton meines neuen Freundes Lupus, die mich für Robert Gordians Romane begeistern – andererseits ist es aber auch das enorme Wissen über das späte 8. und frühe 9. Jahrhundert, das ich mir durch die Lektüre ganz entspannt aneignen konnte. „Manches am Verhalten der beiden Männer ist uns fremd und berührt uns seltsam“, sagt Robert Gordian über seine Helden. „Gerade dieses Fremdartige – auch in den Ereignissen, in die sie geraten – ist aber das Besondere: Mit Saxnot-Eichen, Totenschiffen, Bluträchern und betrügerischen Mönchen haben wir Heutigen nichts mehr zu tun, damals jedoch – das wissen wir aus den Kapitularien Karls des Großen und anderen Quellen – war so etwas allgegenwärtig.“

Nun weiß ich natürlich nicht, ob Robert Gordian mit 10 Fingern tippt oder wie ich in rasanter Geschwindigkeit nur 3 bis 4 zum Einsatz bringt. Fest steht aber: Er schreibt mit großem Vergnügen am historischen Detail und mit einem ganz besonderen Sinn für Humor – und erzählt so Geschichten, die nicht nur perfekt recherchiert, sondern auch ausgesprochen spannend sind.