»Der Historiker und der Romancier in mir arbeiten vergnügt zusammen«

6. August 2021
dotbooks

Ein Gespräch mit unserem Autor Nicholas Lessing über Kriminalfälle im Jahr 1700, die Fiktionalisierung einer historischen Person und seine historische Vatikan-Krimireihe um Kardinal (und Papst) Prospero Lambertini:

Lieber Herr Lessing, die Hauptfigur Ihres Krimi-Sammelbands LAMBERTINI UND DIE SCHATTEN DES VATIKAN ist der 25-jährige »Wunderdetektiv« und Kardinal Prospero Lambertini. Wie kamen Sie auf ihn?

Nicholas Lessing: »Auf die historische Figur Prospero Lambertini bin ich während der Arbeit an einem Buch über die Geschichte des Vatikans aufmerksam geworden, und er hat mich sofort begeistert. Er war nicht nur Kardinal, sondern schließlich auch der bedeutendste Papst der Aufklärungszeit: Benedikt XIV. Von ihm stammt das wichtigste juristische Werk über die Heiligsprechung. Vor allem aber hat mich interessiert, dass er als junger Mann Auditor der Rota war, des päpstlichen Gerichtshofs. Als der tritt er auch in meinen Romanen auf. Im Grunde arbeitete er als Wunderdetektiv: Sollte jemand heiliggesprochen werden, musste er ein Wunder bewirkt haben. Dem wurde in einem ordentlichen Ermittlungsverfahren nachgegangen – und dafür war Prospero Lambertini zuständig. Dabei wird er dann in LAMBERTINI UND DIE SCHATTEN DES VATIKAN gleich in einen abgründigen Kriminalfall verwickelt – die Spur aus dunklen Geheimnissen führt direkt in den Vatikan …«

Wie wichtig war es Ihnen, der historischen Figur Prospero Lambertini treu zu bleiben?

Nicholas Lessing: »Über eine historische Figur zu schreiben, bedeutet zweierlei: Erstens, ihr durch ausgiebige Recherche nahezukommen, und zweitens, sie zur literarischen Figur zu entwickeln. Die darf natürlich ein Eigenleben haben – muss über ihr konkretes Handeln im Roman aber auch wieder zur historischen Person zurückfinden. Als Erzähler kann ich verschiedene Ebenen nutzen, die mir als Historiker verwehrt sind, die ich wiederum aber erst entdecke, weil ich den Stoff zunächst als Historiker angegangen bin. Historisch korrekt sind in meinen Romanen die Zeitumstände, die Topographie Roms mit seinem jüdischen Ghetto, das es heute gar nicht mehr gibt, und all das, was das Leben damals ausmachte – bis hin zu den Heiligenprozessen im Vatikan. Alles in allem arbeiten der Historiker und der Romancier in mir vergnügt zusammen!«

Ihr Krimi-Sammelband LAMBERTINI UND DIE SCHATTEN DES VATIKAN spielt im Rom des Jahres 1700, der siedende Konflikt zwischen Christen und Juden erreicht einen neuen Höhepunkt, der die Stadt zu zerreißen droht. Wie kamen Sie darauf?

Nicholas Lessing: »Machen wir es mal biblisch: Am Anfang war für mich Prospero Lambertini. Und da ich mit dem Konklave in Rom und der Erinnerung des Kardinals an seine erste Zeit in Rom beginnen wollte, in der er als Auditor an der Rota wirkte, war die Zeit vorgegeben. Andererseits interessierte mich schon immer die jüdische Geschichte, vor allem das Verhältnis von Juden und Christen, auch in Rom. So kam eines zum anderen. Vor allem gab es ein ganz starkes Votum für diese Geschichte: Ich hatte die Figur Deborah entdeckt. Die Tochter eines Rabbis, die sich in der Männerwelt um sie herum zu behaupten weiß und Lambertini nicht nur eine große Hilfe bei seinen Ermittlungen ist, sondern ihm plötzlich auch die Möglichkeit für ein ganz anderes Leben aufzeigt. Die besondere Beziehung zwischen den beiden zieht sich wie ein rotes Band durch die Romane um Lambertini – und bringt beide natürlich auch in Gefahr!«

Das Gespräch führte Teresa Weinholtz, Werkstudentin bei dotbooks

Nicholas Lessing studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie. Nach seiner Promotion war er Regieassistent, Dramaturg und Regisseur, ehe er für Theater und Rundfunk schrieb und als Übersetzer aus dem Russischen arbeitete. Für das Fernsehen war er als Autor (u.a. diverser Krimidrehbücher) und Produzent bei führenden Produktionsfirmen tätig. Unter anderem Namen schreibt er Sachbücher über den Vatikan und Kirchengeschichte. Heute lebt er als freier Autor mit seiner Familie in der Nähe von Berlin.

Nicholas Lessing veröffentlicht bei dotbooks seine historischen Kriminalromane SEIN BLUT KOMME ÜBER UNS und UND STEHE AUF VON DEN TOTEN, die auch im Sammelband LAMBERTINI UND DIE SCHATTEN DES VATIKAN erhältlich sind.

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